790 Nedersicht über die politische Eutwichlung des Jahres 1913.
der Abgeneigtheit der übrigen Großmächte, darunter auch Deutsch-
lands, fallen lassen mußte, so war doch das einzige bleibende Re-
sultat der Verhandlungen der Botschafterreunion, die Schaffung
eines selbständigen Staates Albanien, auf die Anregung zurück-
zuführen, die Osterreich schon vor Ausbruch des ersten Balkankrieges,
im August 1912, in Konstantinopel gemacht hatte, und im wesent-
lichen das Werk Österreich-Ungarns und Italiens mit Unterstützung
Deutschlands. Allerdings hatten die Balkanwirren auch der öster-
reichisch-ungarischen Monarchie die schwersten Lasten auferlegt; bis
zum März 1913 mußten die Kosten einer dauernden Kriegsbereit-
schaft getragen werden. Aber es war ein weiterer Ruhmestitel der
österreichisch-ungarischen Staatsleitung, daß durch ein Handschreiben
des Kaisers Franz Joseph an den Zaren das Übereinkommen mit
Rußland vom 11. März über eine Demobilisierung zustande kam.
Seine vorwaltende Stellung in den benachbarten Gebieten der west-
lichen Balkanhalbinsel kam auch darin zum Ausdruck, daß Öster-
reich-Ungarn immer den Anstoß zu den internationalen Einwirkungen
gegeben hatte, vor denen Montenegro und Serbien zurückwichen.
Eine kleine Verstimmung gegen Rußland war in äußerlich erkenn-
barer Form nur dadurch zurückgeblieben, daß die Petersburger
Telegraphenagentur in einem amtlichen Communicué den von der
russischen Regierung veranlaßten Zusatz gemacht hatte, „daß, wie
aus den Besprechungen mit dem Wiener Kabinett hervorgehe, Öster-
reich-Ungarn keine Angriffspläne gegen seine südlichen Nachbarn
hegt“ (S. 453 f., 467).
Die sich bis in den Oktober hinein fortsetzenden Sorgen der
auswärtigen Politik erklären es, daß erst am 14. Oktober die An-
kündigung über die notwendige Heeresvermehrung ans Licht trat.
Sie hielt sich in einem verhältnismäßig sehr engen Rahmen, da sie
das Rekrutenkontingent nur um 31000 Mann erhäöhte, obwohl bei
den Stellungen des Jahres 1913 über 40000 Volltaugliche als
überzählig hatten zurückgestellt werden müssen. Aus dem Bericht
wurde auch bekannt, daß die fremdländischen Auswanderungs-
agenturen, besonders die der Canadian Pacific Railway Co. nicht
weniger als 193000 stellungspflichtigen jungen Leuten durch gefälschte
Papiere und unrichtige Eintragungen in den Listen die Hand dazu