Mebersicht über die politische Entwicklung des Jahres 1913. 793
der slawischen Balkanstaaten gehoben und rechnete auf die bekannten
Hinneigungen des Erzherzog-Thronfolgers und seiner Gemahlin. So
hat der Nationalitätenhader durch die den Gesamtstaat beschäftigende
Balkankrifis während des Jahres 1918 nicht nur keine Milderung,
sondern sogar eine Verstärkung erfahren.
In Portugal übernahm zu Anfang des Jahres das liberale
Ministerium Affonso Costa die Regierung, dessen Partei fast die
Hälfte der Kammersitze innehatte. Sein Regierungsprogramm stellte
die als notwendig erkannten organisatorischen Reformen einstweilen
zurück, um zunächst „den öffentlichen Dienst zu sanieren“ und die
seit der Revolution schwebenden politischen Prozesse zu erledigen.
Dabei wurde starkes Gewicht auf das „Bündnis mit England“" und
„die Bande der Freundschaft zwischen Portugal und Brafilien“
gelegt. Während des Jahres 1913 wurde man aber der das Land
zerrüttenden Gärung nicht Herr. Die Erwartung, daß Portugal
seine Kolonien nicht werde halten können, brachte die Frage immer
wieder aufs Tapet, ob nicht England und Deutschland den Zeit-
punkt bald für gekommen halten würden, nach den Gesichtspunkten
ihres geheimen Abkommens über die portugiesischen Kolonien in
Afrika zu verfügen und dadurch die „zarte Pflanze“ (S. 59) ihres
wiedergewonnenen Vertrauens fruchtbringend zu machen (S. 482,
336, 348, 524). Die Regierung stellte aber im Senat und in der
Kammer das Bestehen einer solchen Absicht, sei es durch ein deutsch-
englisches Abkommen, sei es mittels einer internationalen Konferenz,
in Abrede. Im Frühjahr und Sommer wurde die öffentliche
Meinung durch Symptome bewaffneter Aufstandsversuche erschreckt.
Das Ministerium suchte daher durch die Begnadigung von 268 poli-
tischen Gefangenen am 5. Oktober den inneren Frieden wieder-
herzustellen. Aber auch daran schloß sich wieder ein Putschversuch
zugunsten der nicht amnestierten politischen Gefangenen. Außerdem
schwebten am Schluß des Jahres noch immer zahlreiche Rekla-
mationen der durch das Gesetz von der Trennung von Kirche und
Staat benachteiligten In= und Ausländer sowie die Beschwerden
vieler mit Konfiskation der Güter bestrafter Teilnehmer der bei
der Revolution unterlegenen Verschwörungen. So war auch im