794 Mebersicht über die pelitische Entwichlung des Jahrrs 1913.
Jahre 1913 die innere Ruhe und Wohlfahrt des republikanischen
Staatswesens noch nicht wiedergewonnen.
In Spanien kam ein frischerer liberaler Zug in das inner-
politische Leben. Vor allem wurde den modernen Forderungen
auf Gewissensfreiheit mit anerkennenswerter Konsequenz Rechnung
getragen. Der früher übliche Zwang zur Teilnahme an katholischen
Glaubensakten wurde in der Armee und Marine für Andersgläubige
aufgehoben und der Religionsunterricht in der Volksschule den
Kindern der damit nicht zufriedenen Eltern nicht mehr aufgezwungen.
Der Widerstand der Klerikalen wurde um so leichter überwunden,
da innerhalb der konservativen Partei eine Spaltung eintrat, die
dem bisherigen Parteiführer Maura das Übergewicht in den Cortes
entzog und den linken Flügel der Konservativen unter Dato zum
maßgebenden Faktor machte. Zwischen ihm und den Liberalen,
deren Führer Romanones an der Spitze der Regierung stand, war
seit der Absetzung Mauras am 20. März über alle wichtigen Fragen
eine Verständigung leicht möglich. Durch Mauras Einfluß gewann die
klerikale Agitation gegen das neue Einvernehmen der gemäßigten
Elemente in den beiden Hauptparteien eine mehr auf politische
Prinzipienfragen hinübergreifende Färbung; der Regierung wurde
vorgeworfen, daß sie den sozialistischen und republikanischen Be-
strebungen den Boden bereite. Eine sich vom 30. Mai bis zum
25. Oktober hinziehende latente Ministerkrisis war die Folge davon.
Als im Senat eine kleine Zufallsmajorität dem Ministerium
Romanones das verlangte Vertrauensvotum abschlug, kam es zu
einem Kabinettswechsel. Aber das neue Ministerium Dato er-
hielt gleich bei seiner Bildung am 27. Oktober die Zusage der
Unterstützung nicht nur von der liberalen Partei, sondern auch aus
anderen parlamentarischen Kreisen. Es setzte die von seinem Vor-
gänger eingeschlagene fortschrittliche Richtung unbeirrt fort. Sie
brachte insofern einen Gewinn aus den Balkanwirren, als viele
dortige spaniolische Juden sich um Wiederzulassung im spanischen
Staatsgebiet bewarben, aus dem ihre Vorfahren einst im 16. Jahr-
hundert vertrieben worden waren. Man verband damit die Er-
wartung, auch die zahlreichen Juden in Marokko für Spanien
günstig zu stimmen. Für die völlige Abkehr Spaniens von dem