Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunundzwanzigster Jahrgang. 1913. (54)

Nebersicht über die pelitische Entwichlung des Jahres 1913. 805 
konnte mit der serbischen Regierung „ausgezeichnete Beziehungen“ 
unterhalten (S. 592). Da ja wegen der Ansprüche des italienischen 
Volkselements in Südtirol und Istrien ein schleichender Reibungs- 
zustand zwischen Italien und Osterreich nicht zu vermeiden war und 
durch populäre Gefühlsausbrüche immer wieder verschärft wurde, 
so verstand es sich für Italien von selbst, sich in Serbien für den 
Notfall einen zuverlässigen Bundesgenofsen gegen Osterreich-Ungarn 
zu erhalten. Daher ließ Italien in der Skutarifrage und für die 
Beschützung des nordalbanischen Gebiets gegen die Annexionsgelüste 
Serbiens und Montenegros der österreichischen Regierung die Vor- 
hand. Dagegen fiel ihm in bezug auf Südalbanien die Hauptsorge 
zu, weil dort griechische Ansprüche zurückzudrängen waren und Italien 
von seinem Kriege gegen die Türkei her auch noch Inseln besetzt 
hielt, auf die Griechenland Ansprüche machte. Der von Nordepirus 
her drohende griechisch-italienische Konflikt war nach der Niederlage 
Bulgariens um so leichter zu erledigen, je weiter ostwärts sich das 
von Bulgarien an Griechenland abgetretene Gebiet erstreckte. Italien 
konnte es daher nur recht sein, wenn auch Kawala an Griechenland 
fiel; aber eben deshalb machte Frankreich Schwierigkeiten, die nur 
durch russische Einwirkung beseitigt wurden (S. 564). Auch von 
England erfuhr die italienische Politik bei ihrem Bestreben, sich mit 
Griechenland über eine, ihrem strategisch-politischen Interesse ent- 
sprechende Abgrenzung Südalbaniens zu verständigen, nur Unfreund- 
lichkeiten. Sir Edward Grey machte den europäischen Mächten im 
Dezember den Vorschlag, daß Italien die als Sicherheit der Er- 
füllung der Friedensbedingungen okkupierten Inseln sofort heraus- 
gäbe, während die Festsetzung der griechisch-albanischen Grenze der 
internationalen Kommission überlassen bliebe. Aber die Botschafter 
der Dreibundmächte traten gemeinsam diesem Versuche, eine dauernde 
Reibungsfläche zwischen Italien und Griechenland zu schaffen, ent- 
gegen (S. 525). So konnte auch Italien seine Aufgabe an der 
Sicherung des Adriatischen Meeres gegen die Einbruchsversuche der 
Mächte des Dreiverbandes erfüllen. 
In bezug auf das Mittelmeer richtete sich das italienische 
Interesse vor allem darauf, zu verhindern, daß weder jetzt noch in 
Zukunft irgendeine Macht sich herausnehmen könnte, es, wie der
	        
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