Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunundzwanzigster Jahrgang. 1913. (54)

Nebersicht über die politische Eutwichlung des Jahres 1913. 821 
eigenen Staates Mittelalbanien mit der Hauptstadt Durazzo ver- 
sucht. Um die Ruhe im Lande herzustellen, bedurfte man der 
Organisation einer Gendarmerie, deren Leitung, da Schweden 
seine Hilfe nicht leisten wollte, holländischen Offizieren überlassen 
wurde. Am 6. Dezember erhielt die Kandidatur des Prinzen zu 
Wied die Zustimmung aller Großmächte, die ihm von Berlin aus 
übermittelt wurde. Für die ersten Geldbedürfnisse der neuen Re- 
gierung schlug Großbritannien einen Beitrag von 1200000 Mark 
vor, der sich auf die sechs Mächte gleichmäßig verteilen sollte. Die 
neue Staatsgründung nach europäischer Konnivenz, die dafür ein 
Areal von etwa 30000 Quadratkilometern mit 900000 Einwohnern 
vorsah, war aber am Schluß des Jahres über die Geburtswehen 
noch keineswegs hinaus. 
In den Vereinigten Staaten fand am 4. März der über- 
gang der Präfidentschaft von Taft auf Woodrow Wilson statt. Das 
bedeutete zugleich einen parteipolitischen Wechsel, der sich um so 
stärker fühlbar machen mußte, weil auch im Senat die Moajorität 
auf die Demokraten überging. Die letzten Monate der republi- 
kanischen Präsidentschaft wurden im Kongreß noch dazu benutzt, 
um zwei Fragen der internationalen Beziehungen zu entscheiden. 
Die eine betraf den Ausschluß von Analphabeten bei der Ein- 
wanderung. Damit wäre den Beamten, wie das Beispiel Australiens 
zeigt, eine Handhabe gegeben worden, um Japaner, die nicht fertig 
englisch oder eine sonstige europäische Sprache verstehen, dem Boden 
der Vereinigten Staaten fernzuhalten. Ebendeshalb hatte Präsident 
Taft sein Veto dagegen eingelegt. Bei der nochmaligen Abstimmung 
erhielt die Vorlage zwar die nötige Zweidrittelmajorität im Senat, 
fiel aber im Repräsentantenhaus. Die zweite Frage betraf ein Ab- 
kommen der Vereinigten Staaten mit Nicaragua. Dabei handelte 
es sich nicht nur um die Erwerbung des ausschließlichen Rechts, 
einen interozeanischen Kanal durch das Gebiet der mittelamerika- 
nischen Republik zu bauen, sondern auch um die Überlassung der 
Fonseca Bai als Flottenstützpunkt, so daß die Zahlung von 3 Mil- 
lionen Dollar an Nicaragua ganz angemessen scheinen konnte. Der 
Kongreß lehnte aber die Behandlung einer so wichtigen Angelegen-
	        
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