Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunundzwanzigster Jahrgang. 1913. (54)

HNebersicht über die pelitische Eutwichlung des Jahres 1913. 823 
inneren Politik benahm. Im ganzen romanischen Amerika trat 
Wilson dem Konzessionswesen entgegen, weil daraus leicht die Be- 
herrschung innerer Angelegenheiten durch fremde Interessen herbei- 
geführt werden könne (S. 709). Eine so starke Sprache, wie sie 
in der Dezemberbotschaft des neuen Präsidenten gegen das tat- 
sächliche Oberhaupt des Staates Mexiko, General Huerta, gebraucht 
wird (S. 710), sieht einer Kriegsdrohung so ähnlich, daß in Mexiko 
in der Tat außerordentliche Maßregeln ergriffen wurden und am 
Schluß des Jahres auch eine Grenzverletzung vorfiel. 
In Kanada drehte sich der parlamentarische Streit der 
Parteien den größten Teil des Jahres hindurch um das Geschenk 
von drei Dreadnoughts im Werte von 35 Millionen Dollar an 
die britische Reichsflotte. Die Opposition dagegen, die von dem 
ehemaligen Premierminister Sir Wilfrid Laurier geführt wurde, 
bestritt das Vorhandensein einer deutschen Gefahr für das Mutter- 
land und verlangte, daß die Schiffe wenigstens in Kanada gebaut 
werden. Aber weder der üble Eindruck einer Denkschrift Churchills 
noch die in Szene gesetzte Obstruktion konnte die Annahme dieses 
sogenannten Bordenschen Marinegesetzes verhindern. Eine andere 
Frage der imperialistischen Politik wurde durch einen Gerichtsspruch 
vorläufig erledigt. Gegenüber der von den Einwanderungsbeamten 
gehandhabten Praxis wurde erkannt, daß die bis dahin ausgeschlossenen 
Hindus mit allen anderen britischen Untertanen gleichberechtigt seien 
und daher unter denselben Bedingungen als Einwanderer zugelassen 
werden müssen wie weiße Einwanderer aus dem Mutterlande oder 
anderen Kolonien. Noch immer ist die Einwanderung nach Kanada 
in starker Steigerung begriffen (S. 692); Großbritannien sandte 
mehr Ansiedler als die Vereinigten Staaten. Der weitere Aufstieg 
des Außenhandels Kanadas im Jahre 1913 ist aus der vergleichen- 
den Tabelle (S. 696 f.) ersichtig. 
Von dem Abschnitte des Kalendariums, der Mittel= und 
Südamerika gewidmet ist, nehmen die Revolutionswirren und 
Kämpfe in Mexiko weitaus den größten Raum in Anspruch. Anfangs 
hatte dort Oberst Felir Diaz, ein Neffe des früheren Präsidenten, die 
Oberhand. Durch seine Anhänger wurden am 18. Februar Präfident 
Madero, Vizepräsident Suarez und fast das ganze Ministerium im
	        
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