Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunundzwanzigster Jahrgang. 1913. (54)

826 Mebersicht über die politische Entwichlung des Jahres 1913. 
lung in Kalkutta am 3. Februar ihren Anfang. Schon im Sep- 
tember hielt es der Vizekönig Lord Hardinge nötig, die Moham- 
medaner Indiens über Englands Politik in bezug auf die Türkei 
zu beruhigen, und bei dem religiösen Fest am 10. November be- 
merkten die Engländer bereits die weite Verbreitung der von den 
jüngeren mohammedanischen Führern angeregten revolutionären 
Bewegungen. Dazu kam die Beunruhigung der Inder über die 
schlechte Behandlung ihrer Stammesgenossen in der südafrikanischen 
Union. So erklärt sich der Ausschluß der Offentlichkeit bei dem als 
großes Volksfest geplanten Einzug des Bizekönigs in Kalkutta 
(S. 743). 
In China wurde zwar am 8. April das erste Parlament 
eröffnet und von diesem am 6. Oktober der provisorische Präsident 
Juanschikai auf fünf Jahre zum Staatsoberhaupt gewählt; aber 
die inneren Wirren und äußeren Verlegenheiten kamen zu keinem 
Stillstand. Im letzten Grunde entsprangen sie aus den Geldverlegen- 
heiten der Zentralregierung. Da Juanschikai seine Truppen nicht 
regelmäßig besolden konnte, so wiederholten sich in den Provinzen 
wie in der Hauptstadt die Meutereien der Regimenter. Um der 
Geldnot abzuhelfen, erstrebte der Präsident eine größere Abhängig- 
keit der Provinzen von Peking, besonders durch Schaffung kleinerer 
Verwaltungseinheiten, sowie die Aufnahme einer Anleihe von fünf- 
hundert Millionen Mark. Letztere, an der sich am Anfang des 
Jahres sechs Mächte und nach dem Rücktritt des amerikanischen 
Bankenkonsortiums am 21. März noch Deutschland, England, Frank- 
reich, Rußland und Japan beteiligen wollten, wurde aber wegen der 
daran geknüpften Beschränkungen der Verwendung vom Parlament 
abgelehnt. Der Präsident sah sich mangels eines militärischen Rück- 
halts gezwungen, durch Verhandlungen mit den ehemaligen Führern 
der Revolution und mit den einflußreichen Parlamentariern seinen 
Willen durchzusetzen, verdarb es aber dabei mit vielen seiner höheren 
Beamten, deren gegen sein Leben gerichtete Pläne ihn oft zu gewalt- 
samen Maßregeln zwangen. Am 17. November wurde das Parlament 
aufgelöst und Neuwahlen erst für den 15. März 1914 angesetzt. Die 
Republik China mußte also inzwischen ohne Volksvertretung regiert 
werden. In dieser Verlegenheit knüpfte der Präsident an die Kon-
	        
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