Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunundzwanzigster Jahrgang. 1913. (54)

828 Nebersicht über die politische Entwichlung des Jahres 1913. 
überlassen, wobei die im Parlament nicht vertretene Militärpartei 
ihren Einfluß durch den vom Kaiser zum Ministerpräsidenten er- 
nannten Admiral Yamamoto und die beibehaltenen Minister des 
Krieges und der Marine wahrte. Die Streitfrage, über die es zum 
Konflikt gekommen war, nämlich die Beschaffung von zwei neuen 
Divisionen für Korea, blieb dabei unerledigt. Das Programm der 
neuen Regierung betonte die Notwendigkeit größter Sparsamkeit 
und die Innigkeit des Bündnisses mit England sowie der Freund- 
schaft mit Rußland und Frankreich (S.733). Das Verlangen der 
Opposition, die seit dem Kriege mit Rußland so stark erhöhten 
Steuern herabzusetzen, blieb freilich unerfüllt, obwohl der Plan, die 
Spurweite der Staatseisenbahnen zu verbreitern, aus Sparsamkeits- 
gründen fallen gelassen wurde. Die Verständigung beruhte vielmehr 
auf der Erwartung, daß die auswärtige Politik Japans Erfolge 
zeitigen würde, vor denen die inneren Fragen bedeutungslos er- 
scheinen, und daß große Ersparnisse auch in der Militärverwaltung 
durchgeführt werden würden. Ehe sich aber die ersten Anzeichen 
davon bemerkbar machten, erfolgte einer jener Ausbrüche politischer 
Leidenschaft, wie sie in Japan so häufig als Anzeichen der Volks- 
stimmung bewertet werden. Der Direktor im politischen Bureau 
des Ministeriums des Auswärtigen wurde an seiner Haustür von 
fanatischen Jünglingen meuchlings erstochen, um die Unzufriedenheit 
mit der schwächlichen äußeren Politik der Regierung ins Licht zu 
stellen. Dabei schwebte wohl die Nachgiebigkeit Japans in der 
Frage der Behandlung asiatischer Einwanderer nach Kalifornien 
(S. 695) den jugendlichen Mördern vor. China gegenüber hat es 
Japan an Energie nicht fehlen lassen. Im Dezember wurde auch 
das Erscheinen einer mexikanischen Sondergesandtschaft benutzt, um 
die Sympathien für den Hauptgegner der Vereinigten Staaten aufs 
lebhafteste zum Ausdruck zu bringen. Infolge der schwierigen inneren 
Lage wurde auch die Krönung des Kaisers auf das Jahr 1914 
verschoben. 
Im Anhange tritt die weitere Vermehrung der inter- 
nationalen Kongresse (s. Index) deutlich hervor. Unter den Ent- 
hüllungen heben wir die Mitteilungen des Professors Hintze über
	        
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