Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunundzwanzigster Jahrgang. 1913. (54)

80 Das Veentsche Reich und seine rinzeluen Glieder. (Februar 19.) 
was die Wohlfahrt dieses Landes zu fördern geeignet ist. In Anerkennung 
des zielbewußten Wohlwollens der Regierung weisen wir aber auch alle 
Machenschaften zurück, welche unser gutes Verhältnis zur Regierung zu 
untergraben suchen. Wir streben eine friedliche Entwicklung der Verhält- 
nisse unseres Landes im Rahmen des Rechts an und verurteilen rückhaltlos 
alle Bestrebungen, die sich dem entgegenstellen, mögen sie von jenseits der 
Grenze (lebhafter Beifall) oder von jenseits des Rheins kommen. Jeden- 
falls aber darf das elsaß-lothringische Volk für jene Machenschaften nicht 
verantwortlich gemacht werden.“ 
19. Februar. (Reichstag.) Marinefragen in der Budget- 
kommission. 
In der Sitzung der Budgetkommission wird zunächst eine vom 
Zentrum beantragte Resolution angenommen, die den Reichskanzler ersucht, 
im Reichshaushalt für 1914 eine Neuregelung der Bordabzüge in der Weise 
vorzunehmen, daß ihre Abstufung der Höhe des Gehalts angepaßt wird. 
Für den Bau der kaiserlichen Jacht „Ersatz Hohenzollern“ wird im 
Extraordinarium des Etats als erste Rate fünf Millionen angefordert. Der 
Gesamtanschlag beträgt zehn Millionen. In den Erläuterungen zu diesem 
Titel heißt es: „Die in den Jahren 1890 bis 1892 gebaute Jacht „Hohen- 
zollern“ ist verbraucht und nicht mehr sicher genug. Sie muß durch einen 
den höchsten Anforderungen an Schiffssicherheit entsprechenden Neudau ersetzt 
werden.“ Die Neubauforderung wird gegen die Stimmen der Sozialdemo- 
kraten angenommen. — Staatssekretär v. Tirpitz begründet die Steigerung 
der Kosten beim Torpedobootsbau und macht im weitern Verlauf ver- 
trauliche Angaben über den Torpedo= und Unterseebootsbau sowie über die 
Entwicklung unserer Unterseebootsanlagen. Es wurde gefordert, daß darauf 
gedrängt werde, daß für den Dienst auf Unterseebooten sobald als möglich 
nur noch Freiwillige eingestellt werden und daß sie vorher über die be- 
sonderen Gefahren aufgeklärt werden, die damit verbunden seien. Der 
Staatssekretär macht weiter Mitteilungen über die artilleristische Armierung 
unserer Schiffe, über die Kosten der Kriegsschiffsbauten, insbesondere die 
Kosten der Panzerplattenbeschaffung. Der Dienst auf den Unterseeboten 
stelle bei längeren kriegsmäßigen Uebungen zweifellos außergewöhnliche An- 
forderungen an die Leistungsfähigkeit der Besatzung. Dies habe aber nach 
allen bisherigen Erfahrungen keine dauernden Schädigungen der Gesund- 
heit zur Folge. Nach allen größeren Uebungen würden die Leute unter- 
sucht; man wolle mit einer solchen Statistik weitere Erfahrungen sammeln. 
Diese Erhebungen sind noch nicht abgeschlossen. — Von verschiedenen Seiten 
wird der Ansicht Ausdruck gegeben, daß die Kanonen= und Panzerplatten- 
fabriken immer noch verhältnismäßig hohe Preise nehmen. Auch wird über die 
Möglichkeit der Schaffung eines Reichspanzerplattenwerkes gesprochen. Des 
weiteren wird der Staatssekretär auf die durch die Vergebung für das Reich 
drohende Gefahr der Bildung eines deutschen Schiffbausyndikats hingewiesen. 
Bei den Forderungen des außerordentlichen Etats zur Beschaffung 
von Anlagen und Versuchen auf verkehrstechnischem Gebiet, Bau von 
Luftschiffen, Hallen usw. erklärt der Staatssekretär, daß nach seiner 
Ueberzeugung der Hallenfrage eine besondere Aufmerksamkeit zugewendet 
werden müsse. Er habe auch bereits seine Konsequenzen in dieser Richtung 
gezogen, was bei der entsprechenden Position des Nachtragsetats zum Aus- 
druck kommen wird. Eine drehbare Doppelhalle sei zunächst das wichtigste. 
Alle bisher auf diesem Gebiet gewonnenen Erfahrungen teils theoretischer, 
teils praktischer Natur würden beim Bau dieser Halle berücksichtigt werden. 
Bei den Luftschiffen komme es vor allem auf einen großen Aktionsradius,
	        
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