Das Dentsqhe Reit und seine einzelnen Glieder. (Februar 19.) 81
weniger auf außerordentliche Geschwindigkeiten an. Das neue Luftschiff,
das sich zurzeit auf der Zeppelinwerft im Bau befindet, wird in dieser
und anderer Hinsicht erhebliche Verbesserungen aufweisen. Sowohl der
Entwicklung der Luftschiffe als auch der Hallenfrage habe die Marinever=
waltung von Anfang an tatkräftiges Interesse entgegengebracht. Auf eine
Anfrage gibt der Staatssekretär Auskunft über die Beziehungen zu den
ein zelnen Luftschiffwerften. Zeppelin und Schütte--Lanz haben sich ver-
pflichtet, vorläufig keines ihrer Luftschiffe ans Ausland zu verkaufen.
19. Februar. (Berlin.) Deutscher Handelstag. Resolution für das
Petroleummonopol. Rede des Reichskanzlers über den Kaufmannsstand.
Mit 320 gegen 75 Stimmen wird folgende Resolution angenommen:
„Der Deutsche Handelstag ist grundsätzlich der Schaffung von Staats-
monopolen, sofern nicht zwingende Gründe im öffentlichen Interesse dafür
vorliegen, abgeneigt. Er erblickt indessen in der Entwicklung, die der Leucht-
ölvertrieb unter der Herrschaft der Standard Oil Company genommen hat,
eine Gefahr, der das Reich entgegentreten sollte. Der vom Bundesrat be-
schlossene und dem Reichstag am 18. November 1912 vorgelegte Entwurf
eines Gesetzes über den Verkehr mit Leuchtöl kann nur dann als Grund-
lage dafür dienen, wenn für die Vertriebsgesellschaft die Beschaffung einer
ausreichenden Menge von Leuchtöl in guter Beschaffenheit zu mäßigen Preisen
gewährleistet ist. Außerdem ist für eine angemessene Entschädigung des Zwischen-
handels und der Angestellten, für eine hinreichende Berücksichtigung des Klein-
handels und dafür zu sorgen, daß das Bestreben der chemischen Industrie
nach Entwicklung eines einheimischen Raffinationsgewerbes gefördert wird."“
Aus der Rede des Reichskanzlers Dr. Bethmann Hollweg beim
Festessen: „Karl Lamprecht, der Geschichtschreiber, hat wiederholt die
Politisierung des deutschen Volkes als Forderung der Gegenwart
hingestellt. Nun, meine Herren, wer das Glück hat, in diesen Berliner
Wintermonaten aus Neigung oder aus Beruf nähere Beziehungen zum
Reichstag, zum Landtag, zum Deutschen Landwirtschaftsrat, zum Deutschen
Handelstag zu unterhalten, der wird geneigt sein, diese Forderung als er-
füllt an zusehen, zumal, wenn er neben seiner sonstigen Beschäftigung als
Mensch und Staatsbürger noch ein Verhältnis zum Hansabund oder dem
Bund der Landwirte hat. Ein hervorragender liberaler Politiker hat sogar
letzthin den vielleicht etwas ketzerischen Ausspruch getan, daß es an der
Zeit sei, daß Deutschland sich etwas entpolitisiere, vielleicht im Hinblick
darauf, daß man heutzutage so leicht Politik mit dem Krieg aller gegen
alle verwechselt. Als unsere Väter in den Freiheitskampf zogen, da glichen
im preußischen Staat Handel und Industrie einer Treibhauspflanze, die
künstlich gestützt und gehalten werden mußte. Waren doch die Haupt-
zentren des Gewerbefleißes, die größeren Städte, für ihre Einwohnerschaft
sogar von der Waffenpflicht, der Kantonpflicht, befreit. Hente breitet deutscher
Handel und deutsche Industrie als mächtiger Baum seine Zweige weit
hinaus, und der deutsche Kaufmann, mag er in Erfüllung der Wehr-
pflicht Degen und Flinte tragen, oder mag er in Kontor, Werft, Fabrik
kalkulieren und disponieren, immer steht er im Dienst des Vaterlandes.
Seine Arbeit in und mit dem Auslande festigt nicht nur die eigene Größe
Deutschlands, sondern fördert zugleich das gegenseitige Verständnis und die
gegenseitige Achtung der Völker, überbrückt Gegensätze, schafft gemeinsame
Interessen und damit zugleich eine Bürgschaft für den Frieden der Welt.
So dürfen wir hoffen, daß neben unserer starken Wehr diese völkerverbindende
Arbeit des deutschen Kaufmanns uns helfen wird, den Frieden, für den wir
unsererseits immer eingetreten sind, auch fernerhin zu erhalten.“ Lebh. Beifall.)
Europäischer Geschichtskalender. LIV. 6