Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunundzwanzigster Jahrgang. 1913. (54)

841 Das Vetsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Februar 21.) 
hat darauf im Verein mit dem amerikanischen Botschafter einen 24stündigen 
Waffenstillstand erwirkt, um den Reichsangehörigen die Möglichkeit zu geben, 
die Gefahrzone zu verlassen und sich nach dem sicheren Vorort Tacubaya 
zu begeben, wo der Gesandte für ihre Unterkunft Häuser gemietet hat. Auf 
der ostamerikanischen Station befindet sich zurzeit nur S. M. S. „Bremen“. 
Das Schiff trifft, von den Bermudas kommend, am 22. Februar in Phil- 
adelphia ein und wird Ueberholungs- und Instandsetzungsarbeiten vor- 
nehmen, die für seine weitere Verwendungsfähigkeit dringend erforderlich 
und unaufschiebbar sind. Von einer Entsendung des Schiffes nach Veracruz 
mußte unter diesen Umständen abgesehen werden. Wie indes der Kaiser- 
liche Botschafter in Washington auf eine diesbezügliche Frage hierher ge- 
meldet hat, sind die amerikanischen Kriegsschiffe, die in den mexikanischen 
Gewässern sich aufhalten, angewiesen worden, als allgemeine Zufluchtsstätte 
für die Fremden zu dienen und, soweit die militärischen Machtmittel es 
gestatten, auch fremdes Leben und Eigentum an Land zu schützen. Wir 
haben der Regierung in Washington unsern Dank für das hierdurch er- 
wiesene Entgegenkommen aussprechen lassen und unseren Vertreter in Mexiko 
entsprechend instruiert. Sollten Reichsangehörige aus Anlaß der Unruhen 
Schaden erleiden, so würde die mexikanische Regierung nach Maßgabe der 
Grundsätze des Völkerrechts ersatzpflichtig gemacht werden. Im übrigen 
beobachten wir den Ereignissen gegenüber, die sich gegenwärtig in Mexiko 
abspielen, diejenige Zurückhaltung, die wir den inneren Vorgängen in einem 
fremden Staate gegenüber zu bewahren haben. Wir werden es uns aber 
nicht nehmen lassen, für den Schutz der Reichsangehörigen und die Wahrung 
uuserer Fueressen soweit es erforderlich, mit allem Nachdruck einzutreten." 
(Beifall. 
21. Februar. (Reichstag.) Fortsetzung der zweiten Lesung 
des Reichshaushaltsetats für 1913 beim Spezialetat für das Reichs- 
eisenbahnamt. 
Präsident des Reichseisenbahnamts Wackerzapp: Ueber die Ver- 
einheitlichung des deutschen Eisenbahnwesens habe ich mich im 
vorigen Jahre näher ausgesprochen, und ich kann mich auf meine damaligen 
Ausführungen um so mehr beziehen, als inzwischen in den Verhältnissen 
keinerlei Veränderung eingetreten ist. Insbesondere haben die beteiligten 
Bundesstaaten, nicht bloß die Regierungen, sondern auch, was ich hervor- 
heben möchte, die Volksvertretungen in der überwiegenden Mehrheit ihren 
früheren ablehnenden Standpunkt beibehalten und die Selbständigkeit ihrer 
Verwaltung nicht ausgeben wollen. Ob unter diesen Umständen von der 
Vorlage der im vorigen Jahre vom Reichstage gewünschten Denkschrift eine 
Förderung der Angelegenheit erwartet werden kann, ist mir persönlich sehr 
zweifelhaft. Ihre Resolution verlangte einmal eine Darstellung der bis- 
herigen Wirkungen des Wagenverbandes und dann eine Vereinheitlichung 
des deutschen Eisenbahnwesens. In ersterer Beziehung könnte die Denk- 
schrift nicht viel Neues bieten, denn in bezug auf die günstigen Ergebnisse 
des deutschen Wagenverbandes sind die Landtage der Bundesstaaten mehr- 
fach näher unterrichtet worden. Die Denkschrift könnte höchstens noch einige 
Zahlen angeben über die Wagengestellung und beschaffung, und damit würde 
die Angelegenheit schwerlich gefördert werden. Eine Festlegung über die 
weitere Vereinheitlichung der deutschen Bahnen ist meines Erachtens un- 
bedingt abhängig von der Entscheidung der Vorfrage, ob denn die Bundes- 
staaten eine Vereinheitlichung überhaupt wollen. Solange diese Frage ver- 
neint werden muß, und das ist wohl zurzeit der Fall, können von der 
Reichsregierung selbstverständlich nicht Richtlinien aufgestellt werden, die in
	        
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