Das Dentsqhe Reith und seinte einzelnen Glieder. (Januar 28.) 57
und die Ziele dieser Kommission keineswegs irgendwie herabzusetzen ver-
sucht. Aus beiden Kommissionen läßt sich schließen, daß im allgemeinen
auf diesem Gebiete Mißstände vorhanden sind. Das beruht auf ganz be-
stimmten wirtschaftlichen Veränderungen. Unser ganzes Verdingungswesen,
dos der Armee, der Eisenbahnen, der Kommunen, beruht auf der Voraus-
setzung, daß eine große Zahl von Konkurrenten vorhanden ist, die durch
ihr Angebot preisausgleichend wirken. Wenn wir aber mit solchen Kon-
kurrenten nicht mehr zu rechnen haben, wenn wir in der Regel vor Trusts
stehen, so ist eigentlich dieses Verdingungswesen seiner bisherigen Voraus-
setzungen beraubt. Den großen Vereinigungen stehen Handwerker gegenüber,
die sich noch nicht organisiert haben, die sich noch nicht zu einer Preis-
festsetzung geeinigt haben. Wir wollen abwarten, zu welchen Ergebnissen
diese Kommissionen führen werden. Ich möchte nur das eine sagen: Ich
würde es bedauern, wenn Sie auf der Forderung einer gesetzlichen Regelung
beharrten. Es handelt sich im Grunde genommen um eine Verwaltungs-
frage, die in jedem Lande, in jedem Orte verschieden beantwortet werden
muß. Worauf es in der Hauptsache ankommt, ist, daß die Behörden nach
richtigen Grundsätzen verfahren. In dieser Beziehung kann ich darauf hin-
weisen, daß die Anordnungen der Staatsbehörden über das Verdingungs-
verfahren sich wesentlich gebessert haben. Der Minister der öffentlichen
Arbeiten in Preußen, der auf diesem Gebiete vorbildlich für das Reich und
die Kommunen ist, sucht eine Verbesserung der geltenden Bestimmungen
herbeizuführen. Seine Anordnungen bezwecken eine tunlichste Berücksichti-
gung der Handwerker, eine Teilung der großen Aufträge in kleine Lose,
eine Bevorzugung der Handwerksmeister. Der preußische Minister der
öffentlichen Arbeiten hat auch dafür gesorgt, daß zu den Erwägungen der
Behörden über die Erteilung von Zuschlägen und auch bei der Abnahme
der Arbeiten auch Handwerker als Sachverständige herangezogen werden.
Das ist doch die Erfüllung eines großen Teiles der Wünsche, die hier
wiederholt laut geworden sind. Mit Recht hat schon der Abg. Doormann
betont, daß es dem Handwerk an Organisationen zur Assoziation des An-
gebots fehlt. Die Innungen sind aus naheliegenden Gründen dazu nicht
immer geeignet; man muß trotz der von dem Abg. v. Graefe dagegen ge-
äußerten Bedenken zu größeren Organisationen kommen. Der letzte Hand-
werks- und Gewerbekammertag hat die Errichtung einer Zentralstelle dafür
empfohlen. Der Vorschlag, dem wir durchaus sympathisch gegenüberstehen,
wird von uns erwogen; ich werde alles tun, was an mir ist, um eine
zweckmäßige Organisation schaffen zu helfen. Wenn bereits auch beantragt
ist, Mittel für die erste Einrichtung zur Verfügung zu stellen, so bitte ich,
zunächst das Ergebnis unserer Erwägungen abzuwarten; in der Sache bin
ich mit Ihnen einig, daß es einer solchen Organisation bedarf. Sie sehen
also, daß wir auf dem Gebiete des Submissionswesens doch allmählich dem
erreichbaren Ziele zustreben und ihm näher kommen werden. Wenn man
die Genossenschaften für das Handwerk fordert, kann man die Genossen-
schaften von Beamten zu gewerblichen Zwecken nicht schlechthin verbieten
wollen; es ist aber bereits Vorsorge getroffen worden, so vor allem in
Preußen, daß alles ausgeschaltet wird, was die genossenschaftlichen Beamten-
vereinigungen vor den selbständigen Gewerbetreibenden zu begünstigen ge-
eignet erscheinen kann; und unter allen Umständen müssen bei den Beamten
derartige Genossenschaftsbildungen auf das sozialpolitisch Notwendige be-
schränkt werden. Eine Reihe anderer jetzt wieder aufgeworfener Fragen
haben wir eingehend schon bei der Gewerbenovelle von 1909 erörtert. Ich
habe den Eindruck, als ob die Bestimmungen dieser Novelle noch nicht
überall mit der nötigen Entschlossenheit durchgeführt worden sind. Ueber