58 Das Dentsqhe Reith und seine einzeluen GSlieder. (Januar Ende.)
das Zugabewesen hat ja neuerdings im Abgeordnetenhause eine Erörterung
stattgefunden. Ich habe bereits Veranlassung genommen, mich mit dem
preußischen Handelsminister darüber ins Benehmen zu setzen. Im großen
ganzen scheint mir auch bezüglich der Organisationsfrage das Handwerker-
gesetz von 1909 trotz seiner Mängel auf einer richtigen Grundlage zu be-
ruhen. Einzelne Forderungen würden eventuell in einer Novelle zur Novelle
von 1909 zu berücksichtigen sein. Ich greife aus der Fülle des Stoffs nur
einige Fragen heraus, die, wie ich annehme, das besondere Interesse des
Reichstages erwecken. Dazu gehört die Frage der Abgrenzung von Fabrik
und Handwerk. Es fragt sch, wie diese Scheidung vorgenommen und wem
die Entscheidung darüber zustehen soll, und wie die Möglichkeit zu gewinnen
ist, auch große Sobrikbetrtbe dem Handwerk zuzurechnen, sofern sie innerlich
in ihrer ganzen Produktionsweise handwerksmäßig betrieben werden, wie
Möbeltischlereien usw. Ich habe da persönlich die Meinung, daß es viel-
leicht am zweckmäßigsten sein würde, Schiedsgerichte, bestehend aus Unter-
nehmern und Handwerkern, dafür einzusetzen. Es würde ferner die Mög-
lichkeit der Einbeziehung juristischer Personen in die Organisationen des
Handwerks in Frage kommen, sodann die Frage, ob auch die Förderung
wirtschaftlicher Interessen den Innungen ausdrücklich im Gesetz konzediert
werden soll. Auch hier bin ich der persönlichen Meinung, daß man diese
Förderung unter die fakultativen Aufgaben der Innungen einzuordnen
haben würde; inwieweit man diese Aufgaben den Handwerkskammern zu-
weisen soll, ist vorläufig noch eine offene Frage. Eine fernere Frage ist,
ob der jetzige Zustand, wonach es möglich ist, daß in demselben Bezirk für
dasselbe Gewerbe mehrere Innungen bestehen, geändert werden und be-
stimmt werden soll, daß in der Regel nur eine zulässig ist. Was den
8§ 100 q der Gewerbeordnung anbetrifft, so wird seine Beseitigung nicht
mehr so stürmisch wie vor Jahren verlangt; die ernsten Bedenken, die
namentlich von unserer Seite dagegen ins Feld geführt wurden, haben
ihre Wirkung nicht verfehlt. Es hat sich bei den Verhandlungen mit den
Handwerksvertretern ein Weg gezeigt, der vielleicht gegangen werden kann;
der § 100Jq könnte dahin geändert werden, daß man den Zwangsinnungen
das Recht gibt, Richtpreise aufzustellen, aber mit der Beschränkung, daß
sie nicht zwangsweise gegen die einzelnen Mitglieder durchgesetzt werden
können. Auch über die Frage, ob den Handwerkskammern ein Strafrecht
gegeben werden könnte, würde dann weiter zu reden sein. — Sie werden
erkannt haben, daß wir die Förderung des Handwerks und die Erfüllung
seiner berechtigten Wünsche als unsere ernste Aufgabe ansehen.“ (Beifall.)
Ende Januar. (Elsaß-Lothringen.) Der Statthalter Graf
Wedel erneuert, wie die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ unter
dem 29. d. M. mitteilt, sein schon im Dezember angebotenes Abschieds-
gesuch. Auch der Staatssekretär Freiherr Zorn v. Bulach und
die Unterstaatssekretäre Dr. Petri, Mandel und Koehler bitten
um ihre Entlassung. Die Abschiedsgesuche des Staatssekretärs und
der Unterstaatssekretäre werden genehmigt. Nur Unterstaatssekretär
Koehler bleibt im Amt. Zum Staatssekretär wird der bisherige
Oberpräsidialrat Graf v. Roedern in Potsdam ernannt. Er
übernimmt die Leitung der Abteilung des Jnnern. Unterstaats-
sekretär wird der bisherige Geheime Oberregierungsrat und Vor-