70 Des Deutiche Beich und seine einzelnen Glieder. (Februar 10. 11.)
Er betonte zunächst, daß es sich bei Einführung der Vorlage —
Besoldungsreform bezüglich der außeretatsmäßigen Angestellten aller Ressorts
— um die Erörterung allgemein politischer Fragen oder die program-
matische Besprechung von Fragen der inneren Verwaltung heute nicht
handeln könne, um so weniger, als er mit den personellen Verhältnissen
und den Besonderheiten der Organisation noch mehr vertraut werden möchte.
Auf dem Gebiete der allgemeinen Politik, erklärte der Staatssekretär, könne
er heute ein Programm nicht vorlegen. Es liege zur Entwicklung eines
neuen Programms kein Anlaß vor. Die allgemeinen Richtlinien der Politik,
so führte der Redner aus, bestimmt der Statthalter, und ich betrachte es
als eine besonders glückliche Fügung für mich, daß mir diese Richtlinien
vorgezeichnet sind und vorgezeichnet werden vom Statthalter Grafen von
Wedel. Seine Intentionen sind Ihnen allen bekannt, und nach diesen habe
ich mich zu richten und werde es freudigen Herzens tun. Im weiteren
Verlaufe seiner Einführungsansprache äußerte Graf von Roedern den
Wunsch und das Versprechen, es möge der künftige Kampf der Meinungen,
wo er zur gegenseitigen Klärung wichtiger prinzipieller Fragen wohl zu
führen sein würde, stets getragen sein von der Ueberzeugung, daß auch der
andere nur das Beste des Reiches und dieses Landes, wenn auch vielleicht
auf verschiedenen Wegen, erstrebe. Graf Roedern schloß, indem er mit
warmen Worten den Besoldungsbedarf einer so großen Anzahl gering be-
soldeter Angestellter der wohlwollenden Prüfung des Hauses empfahl.
Als der Abg. Emmel (Soz.) im Laufe der Debatte verschiedene
Fragen an die Regierung stellte und dabei behauptete, das Programm des
Statthalters Grafen v. Wedel habe in Berlin Schiffbruch erlitten, erklärte
der Staatssekretär: „Auf Grund der Geschäftsordnung kann ich nicht auf
alle Fragen eingehen, welche der Vorredner aufgeworfen hat; aber aufs
entschiedenste muß ich die Behauptung zurückweisen, daß die Politik des
Statthalters Grafen Wedel in Berlin Schiffbruch erlitten habe."“
» 10. Februar. In dem Streit zwischen Krankenkassen und
Arzten wird der durch das Abkommen vom 23. Dezember 1913
geschaffene Friedenszustand in Berlin endgültig bestätigt.
11. Februar. (Deutscher Landwirtschaftsrat.) Der deutsche
Landwirtschaftsrat beschließt seine am 10. und 11. Februar in Berlin
unter Teilnahme des Herzogs Johann Albrecht zu Mecklenburg ab-
gehaltene Tagung mit dem üblichen Festessen, wobei der Reichs-
kan zler Dr. v. Bethmann Hollweg folgende Ansprache hält:
„Eure Hoheit! M. H." Ich bitte um die Erlaubnis, dem Dank
der Gäste, die der Deutsche Landwirtschaftsrat an dieser festlichen Tafel
um sich versammelt hat, herzlichen Ausdruck zu geben. Ihr verehrter
Herr Vorsitzender, der Graf von Schwerin-Lowitz, hat uns von dem gegen-
wärtigen Stand der deutschen Landwirtschaft ein erfreuliches Bild gegeben.
Wir alle, die wir den heimischen Boden bebauen, sind es zufrieden, daß
die Zeiten vorüber sind, wo die Landwirtschaft scharf um ihren Platz, um
die Anerkennung ihrer Bedeutung im nationalen Wirtschaftsleben Deutsch-
lands zu kämpfen hatte. Die Besserung der zeiten kann die deutsche Land-
wirtschaft um so offener anerkennen, als sie dabei gewiß sein darf, daß
darum die Regierung in ihrer Fürsorge für die Landwirtschaft nicht nach-
lassen wird. Im Gegenteil, der Erfolg der Maßregeln zur Förderung und
zum Gedeihen der landwirtschaftlichen Arbeit bestärkt sie nur in dem Vor-