90 PDas Deuische Reich und seine rinzelnen Glieder. (Februar 18.—21.)
mission über die bestehenden rechtlichen Zustände Auskunft zu erteilen, eine
Bereitwilligkeit liegen soll, die Kommandogewalt zur Debatte zu stellen,
ist hiernach nicht verständlich.“
18. Februar. (Deutscher Reichstag.) Verhandlungen in der
Budgetkommission über den Etat des Reichskolonialamts. Hierbei
wird die Frage der Reform der Kolonialverwaltung erörtert.
Es wird folgende nationalliberale Resolution angenommen: 1. Falls
seitens der Zentralverwaltung grundsätzliche oder wesentliche Abweichungen
von den Etats der Schutzgebiete im Vorjahr in Aussicht genommen werden,
dies den Gouverneuren tunlichst so frühzeitig zur Kenntnis zu bringen,
daß die Gouvernementsräte (in Südwestafrika der Landesrat) noch vor den
entscheidenden Verhandlungen im Reichstag dazu Stellung nehmen können.
2. In Zukunft dem Reichtage den von den verbündeten Regierungen ein-
gebrachten Etatsentwürfen auch die Etats der Schutzgebiete in der von den
Gouverneuren und den Selbstverwaltungskörpern (Gouvernementsräten bzw.
Landesrat) aufgestellten Form unter Beifügung der Verhandlungsprotokolle
beizulegen.
18. Februar. Reichstagsersatzwahl im Landkreise Köln. Es
werden abgegeben für Oberlehrer Kuckhoff (Z.) 35587, für Re-
dakteur Sollmann (Sd.) 24512 und Eisenbahnschlosser Scaruppe
6477 Stimmen, zersplittert sind 13 Stimmen. Kuckhoff ist somit
wiedergewählt.
18. Februar. (Sachsen.) In der Zweiten Kammer kritisiert
der Nl. Zöphel die Haltung der Regierung in der Deckungsfrage
für die Heeresvorlagen.
Staatsminister Graf Vitzthum von Eckftädt erklärt, die sächsische
Regierung habe infolge von Fragen aus der Mitte des Hauses wieder-
holt Gelegenheit genommen, ihre Stellung zur Reichsvermögenssteuer und
Reichserbschaftsstener im Landtage darzulegen und habe dabei nur ihr
gutes Recht wahrgenommen. Dadurch sei die Oeffentlichkeit in Kenninis
gesetzt worden von dem Kampfe, den die sächsische Regierung gegen die
Vorschläge im Bundesrat geführt habe. Er, Redner, müsse aber entschieden
in Abrede stellen, daß die sächsische Regierung irgendwelchen Appell an
die Oeffentlichkeit gerichtet habe oder irgendwie gegen den Bundesrat öffent-
lich aufgetreten sei. Selbstverständlich habe die sächsische Regierung stets
die Grenzen gewahrt zwischen den Bestimmungen der Reichsverfassung und
den Rechten der einzelnen Bundesstaaten, und von diesem Standpunkte
aus könne er auch, ohne dabei partikularistischen Tendenzen zu huldigen,
die Wahrung der Interessen eines jeden Volksstammes im Rahmen einer
deutsch-nationalen Politik billigen. Er räume dieses Recht den Bayern
sowohl wie den Preußen ein, nehme es aber auch für Sachsen in Anspruch,
und zwar in der Ueberzeugung, daß der deutsche Gedanke in allen Kreisen
des deutschen Volkes so feste Wurzel gefaßt habe, daß er durch die Pflege
des Volkscharakters der einzelnen Stämme nicht gefährdet, sondern nur ge-
festigt werden könne.
19.— 21. Februar. (Deutscher Reichstag.) Zweite Be-
ratung des Reichsmarineetats.