Des Vesche Reich und seine einzelnen Glieder. (Februar 19.—21.) 97
Wir wollen nicht, daß die anderen Länder, soweit sie noch nicht aufgeteilt
sind, uns ganz verschlossen bleiben. Wir wollen einfach nicht das Los des
Poeten einnehmen. Das verfolgen wir seit dem Jahre 1897, seitdem wir
bewußt in die Weltpolitik eingetreten sind. Täten wir das nicht, dann
wären alle die Opfer nutzlos, die wir für unser Heer und unsere Flotte
bisher gemacht haben. Im übrigen ist die Marine ein wichtiger Faktor
der ausländischen Politik. Wir wissen unsere Marine in fester Hand. In
den Zeiten eines schwankenden Kurses verzeichnen wir mit Befriedi-
gung die zielsichere Leitung und die stetige Entwicklung unserer deutschen
Marine.“
Abg. Nehbel (Dk.): „Der vorliegende Etat hält sich in den Grenzen
des Flottengesetzes. Mit Recht hat der Staatssekretär betont, daß unsere
Flottenpolitik keine aggressive ist. Erfreulicherweise wird das jetzt auch in
England anerkannt. Unsere Beziehungen zu England haben sich gebessert,
weil unsere Flotte stark ist. Was die Frage der Rüstungsbeschränkung und
des Baufeierjahres betrifft, so ist mit Genugtuung zu begrüßen, daß der
Stoatssekretär seinen vorjährigen Erklärungen nichts hinzugesetzt und nichts
abgezogen hat. Eine offizielle Offerte ist uns von England nicht gemacht
worden; jedenfalls muß eine solche Offerte von der stärkeren Seite, von
England, ausgehen. Es ist auf einen Artikel der „Kreuzzeitung" hin-
gewiesen worden. Ich stelle fest, daß die konservative Partei an ein Bündnis
mit England nicht denkt. Deutschland ist niemals der Rüstungstreiber ge-
wesen. England hat die ersten Dreadnoughts gebaut, dann ist allerdings
Deutschland gefolgt. Die anderen Staaten haben ihre Marineetats ge-
steigert. Unsere Nachbargroßstaaten haben ihren Flottenetat um das Vier-
bis Fünffache des deutschen gesteigert. Wir bauen unsere Flotte nicht mit
Rücksicht auf die jeweiligen Verhältnisse. Wir bauen nur nach unserem
Flottengesetz, und es ist nicht nötig, bei jedem Flottenetat auf die aus-
wärtige Politik einzugehen. Die Erfolge unserer Unterseeboote sind mit
Freuden zu begrüßen. Die Unglücksfälle von L 1 und l. 2 sind zum Teil
aus Naturereignisse, zum Teil vielleicht auf Konstruktionsfehler zurückzu-
führen. Eine Schuld trifft niemand. Es ist an das ganze Problem sehr
vorsichtig herangegangen worden. Hoffentlich gelingt es der Marinever-
waltung bald, das beste Material zu erhalten, das hier notwendig ist. Ich
möchte bei dieser Gelegenheit im Namen meiner Freunde der braven Be-
sotzung beider Luftschiffe unser Mitgefühl aussprechen. Mögen Eltern und
Angehörige sich mit dem Gefühl trösten, daß sie dem Vaterlande Helden
gestellt haben. Erfreulich ist es, daß es einen Schiffstrust nicht gibt. Würden
unsere Privatwerften nicht fremde Schiffe bauen, so würden es andere
Staaten, auch England, tun. Der Abg. Erzberger sprach von einer Kaiserlich
Deutschen Marine und einer Königlich Preußischen Armee. Ich moöchte
"eststellen, daß der Geist und die Disziplin in beiden der gleiche ist, und
daß Söhne unserer ältesten Familien seit Jahren in der Marine dienen.
Ich möchte also gegen jede Differenzierung Verwahrung einlegen. Das
Personal der Marine ist ein ausgezeichnetes. Die Manquements an Unter-
offizieren nehmen ab. Wir befinden uns in einer Uebergangszeit. Jeden-
salls zeigt die Marineverwaltung den Unteroffizieren ein großes Entgegen-
kommen; wir billigen dies durchaus. Die Zivilversorgung der Unteroffiziere
ist von der größten Bedeutung. Die Vorwürfe gegen die Intendantur-
beamten, die in der Kommission erhoben wurden, kann ich nicht teilen.
Erfreulich ist auch die Anstellung von technischen Hilfsarbeitern. Mit Rücksicht
auf die Besoldungsvorlage will ich auf die Gehaltsverhältnisse der Beamten
nicht eingehen. In bezug auf die Frage der kaufmännischen Buchführung
muß man grundsägzliche Unterschiede zwischen einem gewerblichen Betrieb
Europäischer Geschichtskalender. I. V. 7