Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreißigster Jahrgang. 1914. Erste Hälfte. (55a)

104 Das Deutsche Reich und seine einfelnen Glieder. (Februar 20.) 
aufrecht zu erhalten, die er mit seinen Ministerkollegen gegen die Sozial- 
demokratie eingenommen habe. Der Minister erklärte zum Schluß, daß er 
freilich auch der Meinung sei, daß alles Gute, das überhaupt zu finden 
sei, auch wenn es von seiten der Sozialdemokratie käme, seitens der Re- 
gierung aller Berücksichtigung wert sei, und er habe die Empfindung ge- 
habt, als ob die Regierung und die Sozialdemokratie trotz aller Gegner-- 
schaft doch recht gut sich miteinander vertragen hätten. (Große Heiterkeit.) 
W0. Februar. (Preußisches Herrenhaus.) Beratung und 
Genehmigung des Gesetzes über die Ausgrabungen. 
20. Februar. (Reichstagsersatzwahl.) Die Stichwahl im 
Wahlkreis Magdeburg 3 ergibt 16669 Stimmen für Ritterguts= 
pächter Schiele-Schollene (K.), für Haupt-Magdeburg (Sd.) 
15267 Stimmen. Ersterer ist somit gewählt. 
20. Februar. Generalfeldmarschall v. d. Goltz spricht in einer 
Konferenz der Jugendklubleiter und Jugendklubleiterinnen über das 
Wesen und Wirken des Jungdeutschlandbundes. Er führte 
ungefähr folgendes aus: 
Als im Jahre 1911 der Bund gegründet wurde, erhob sich ein 
großes Geschrei, man wolle die Jugend militarisieren. Wer die Ziele des 
Bundes so nennen will, mag es immerhin tun, da diese Art des Milita- 
rismus den Deutschen noch niemals geschadet hat. Vor allem will der 
Bund die jungen Leute tüchtig für das Leben, vor allem wehrfähig machen. 
Dazu muß der Körper gestählt, müssen die Sinne geschärft werden, was 
aber nur möglich ist durch eine enge Fühlung mit der Natur, die bisher 
unserer Jugend leider so sehr gefehlt hat. „Wir wollen den vollen Mannes- 
wert in dem Heranwachsenden erziehen.“ Wenn viele glauben, das solle 
durch das RKriegspielen erreicht werden, so irren sie sich; das Kriegspielen 
soll vielmehr nur erfreuen. Die eigentliche Arbeit dagegen liegt in der 
Ausbildung der einzelnen Gruppen. Nachdem Exzellenz von der Goltz kurz 
die Organisation des Bundes dargestellt hatte, ging er zu der Frage über, 
die den eigentlichen Kern seiner Ausführungen bilden sollte, warum sich 
der Jungdeutschlandbund und der Lehrerverein zu gemeinsamer Arbeit zu- 
sammengetan hätten. „Wir können nicht eher etwas durchseßen, als bis 
wir nicht mehr nach Zehnern, Hunderten, Tausenden, sondern nach Hundert- 
tausenden zählen."“" Daß wir auf dem besten Wege dazu sind, zeigt die 
freilich nicht kontrollierbare Schätzung der Mitglieder etwa auf eine halbe 
Million, und zwar zählen hier auch die Pfadfinder, die Unionen usw. mit, 
die ja nicht neben dem Jungdeutschlandbund, sondern in ihm stehen. Wenn 
es dem Bunde gelingt, seine Ziele zu erreichen und auch die Kreise zur 
Mitarbeit heranzuziehen, die der Bewegung zwar freundlich gegenüberstehen, 
sich aber doch nicht zur Tat haben entschließen können, dann können wir 
darauf rechnen, ein neues, starkes Geschlecht heranwachsen zu sehen, das in 
schwerer Zeit fähig sein wird, Deutschlands Ruhm und Ehre zu verteidigen. 
Daß es möglich ist, ein solches Geschlecht heranzuziehen, zeigt Argentinien, 
wie Augenzeugen erzählen. Reicher Beifall belohnte den Redner, ein Zeichen 
dafür, daß seine Worte auf einen empfänglichen Boden gefallen sind, zum 
Nutzen für unser Vaterland. — Hierauf entwickelte Hauptmann Roeper 
auf Grund seiner Erfahrungen ein Programm für eine Schülerfahrt zur 
Waterkante.
	        
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