Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreißigster Jahrgang. 1914. Erste Hälfte. (55a)

110 Das Detiche Reich und seine einzeluen Glieder. (Februar 26.— März 6.) 
26. Februar. (Deutscher Reichstag.) Zweite (Schluß-) 
Sitzung der Kommission zur Beratung der Initiativanträge betr. 
die Regelung militärischer Machtbefugnisse (s. S. 521 ff.). 
Der Vertreter der verbündeten Regierungen erklärt, daß das in der 
letzten Sitzung erbetene Material vorbereitet sei und der Kommission bald 
zugehen werde; heute aber könne es noch nicht vorgelegt werden. Die Ver- 
handlungen mit den Regicrungen der Einzelstaaten seien noch in der Schwebe:; 
bis nach deren Abschluß könnten Mitteilungen nicht gemacht werden. Auf 
Grund dieser Erklärung beantragt ein Zentrumsvertreter Vertagung, bis 
das Material vorliege; von nationalliberaler Seite wird ihm beigepflichtet, 
während von sozialdemokratischer und fortschrittlicher Seite der sofortige 
Beginn der Beratungen gewünscht wird. Auf eine scharfe Kritik der Re- 
gierungserklärung durch einen sozialdemokratischen Redner erwidert der 
Direktor des Reichsinstizamts, dem Reichskanzler liege es durchaus fern, 
der Kommission das Material vorzuenthalten oder die Beratung zu ver- 
schleppen. Es lasse sich nur noch nicht sagen, ob dieses Material in einigen 
Tagen herbeigeschafft werden könne. Schließlich wird der Vertagungs- 
antrag gegen acht Stimmen abgelehnt und die Kommission schreitet zur 
Beratung des § 1 des fortschrittlichen Initiativgesetzentwurfs (s. S. 52 fj. 
Ein Zentrumsvertreter erklärt jedoch, seine Freunde würden an einer sach- 
lichen Debatte nicht teilnehmen. Ebenso äußern sich ein nationalliberaler 
und ein konservativer Redner. §.1 des fortschrintlichen Entwurfs wird so- 
dann mit 11 gegen 10 Stimmen abgelehnt. Die Antragsteller ziehen darauf 
die übrigen §§ 2 bis 4 ihres Entwurfs Eursce Es folgt die Verhandlung 
über den Antrag des Elsässers Delsor (s. S. 52 H/, der mit 11 gegen 10 Stim- 
men abgelehnt wird. Auch der sozialdemokratische Antrag (s. S. 52f) wird 
gegen die sechs Stimmen der Antragsteller aus grundsätzlichen Erwägungen 
heraus abgelehnt. Endlich wird ein fortschrittlicher Antrag, der den sozial- 
demokratischen Antrag dahin abändern will, daß die darin genannten Per- 
sonen der bürgerlichen Strafgerichtsbarkeit wegen derjemgen strafbaren 
Handlungen unterstellt werden, welche nicht militärische Verbrechen oder 
Vergehen sind, mit 11 gegen 10 Stimmen wegen des in Anbetracht der 
bevorstehenden Strafgesetzreform ungünstig gewählten Zeitpunktes abgelehnt. 
Die einschlägigen Petitionen werden als durch die Veschlußfassung erledigt 
erklärt. Damit ist die der Kommission zugewiesene Arbeit beendet. 
26. Februar. (Elsaß-Lothringen.) Auf den Vorschlag des 
Abg. Hauß bildet sich eine „Liga zur Verteidigung Elsaß-Lothringens“. 
Die Bestimmung der Liga soll sein, Elsaß= Lothringen vor den An- 
griffen, die es in der Presse zu erleiden gehabt habe, zu schützen durch Ab- 
wehr und allseitige Aufklärung. In den Ausschuß zur weiteren Beratung 
der Angelegenheit wurden acht Mitglieder der Zweiten Kammer, fünf Mit- 
glieder der Ersten Kammer und vier Pressevertreter gewählt. 
2. März. Die „Kölnische Zeitung“ veröffentlicht unter der 
Uberschrift „Nußland und Deutschland“ einen Artikel ihres Peters- 
burger Berichterstatters vom 24. Februar. (Siehe S. 805 ff.) 
2.—6. Märgz. (Dentscher Reichstag.) Postetat. 
Kritik des Verhaltens der Post in dem „Fall Zabern“. Beitritt 
Chinas zum Weltpostverein. Frage der weiblichen Beamten. Ablehnung 
der Ostmarkenzulagen für die Beamten der Reichspost in Verbindung mit 
dem Postetat. Zweite Beratung des Postscheckgesetzes.
	        
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