Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreißigster Jahrgang. 1914. Erste Hälfte. (55a)

114 PDes Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (März 7.—10.) 
auch vom Reiche subventioniert wird, wird darin Gutes leisten können. 
Es sind deshalb Anfänge gemacht, die Ansiedler zu unterstützen. Wie wir 
uns diese Unterstützung denken, ersehen Sie aus dem Ihnen vorgelegten 
Ergänzungsetat, den ich auch von dieser Stelle aus noch einmal den Mit- 
gliedern der Kommission warm ans Herz legen möchte. Im Ausbau der 
Selbstverwaltung sind bereits Fortschritte gemacht worden. Der Landesrat 
hat eine ganze Reihe von wichtigen Angelegenheiten zur Beschlußfassung 
überwiesen bekommen. Ich glaube, daß dies auch in diesem hohen Hause 
den entsprechenden Beifall finden wird. Mit erhöhter Aufmerksamkeit hat 
sich auch die Regierung den Aufgaben des Sanitätswesens, ganz besonders 
unter den Eingeborenen, gewidmet. Ich gebe Ihnen zu, daß dieses Sanitäts- 
wesen bei weitem noch nicht so ausgebaut ist, wie ich es wünsche, und wie 
auch das Haus es wünscht. Immerhin möchte ich hier vorausgreifend eine 
kurze Statistik verlesen über die Summen, die die Regierung allein in den 
letzten 6 Jahren für das Sanitätswesen in den gesamten Kolonien aus- 
gegeben hat. Die Statistik beginnt mit Anfang 1909 und endet mit dem 
laufenden Jahre. Danach stiegen die Summen von 2 Millionen im 
Jahre 1909 bis auf 6 Millionen im Jahre 1914, so daß zusammen bisher 
26 Millionen für diesen Zweck ausgegeben wurden. Das ist immerhin ein 
beträchtlicher Teil, wenn man bedenkt, daß in den afrikanischen Kolonien 
vorher ohne diese Hilse auf diesem Gebiete gar nichts geschehen ist. Deutsch- 
Ostafrika ist mir aus eigener Anschauung bekannt. Ich war dort vor 
14 Jahren Distriktsvorsteher. Ich war selten freudiger überrascht von der 
Entwicklung eines Landes als jetzt, wo ich diese Kolonie wiedergesehen habe. 
Das Land befindet sich in einem erfreulichen Aufschwung, trotz der vor- 
handenen Gummikrise. Die Hauptaufgabe des Landes wird die Erweiterung 
des Bahnnetzes sein. Das Bahnnetz soll speziell den Zweck haben, die ent- 
fernten Lande an das alte Bahnnetz des Schutzgebictes sinanziell anzugliedern. 
Dadurch wird auch eine höhere Entwicklung der Eingeborenenkulturen er- 
möglicht. Von den europäischen Plantagen habe ich dort den Eindruck 
gewonnen, daß es mit Ausnahme der Gummiplantagen gut steht. Das gilt 
ganz besonders von der Sisalkultur und den Kaffeepflanzungen am Kilmman- 
dscharo und Meruberge. Kamernn habe ich jetzt zum ersten Male gesehen. 
Ich kann mit gutem Gewissen sagen, daß dieses Land eine unserer benen 
und am besten zahlenden Kolonien werden wird. Die Zukunft Rameruns 
habe ich im benachbarten Nigeria kennen gelernt. Es ist interessant, diese 
beiden Kolonien zu vergleichen. Nigeria ist etwas größer und hat mehr 
Einwohner, aber die Konfiguration des Landes und die Verteilung der 
Stämme ist ähnlich wie in Kamerun. Auch die Fruchtbarkeit ist in beiden 
gleich. Jch möchte fast annehmen, daß in vieler Beziehung, ganz besonders 
was die Kultur der Oelpalme anbelangt, Kamerun weit besser ist, da es 
unter anderem höhere Niederschlagsmengen zu verzeichnen hat als Nigeria. 
das jetzt allein schon 86 Millionen Ausfuhr in diesem Produkt hat. Pro- 
phezeien ist ja eine undankbare Aufgabe. Aber gegenüber Kamerun kann 
man sagen, daß wir es von der langsamen Entwicklung zu einer schnellen 
Blüte bringen werden, wenn wir die Bahn von dem Süden nach dem 
Norden bauen. Es handelt sich nicht um den Ausbau der jetzt schon ge- 
planten Bahnen, sondern um den Anschluß des Nordens überhaupt. Die 
Bevölkerung des Tschadsees habe ich leider nicht besuchen können, weil die 
Reise wochenlang gedauert hätte. Ich habe aber dieselbe Bevölkerung in 
der benachbarten Kolonie Nigeria gesehen, und das gab mir den Mut, 
ohne die Rentabilität einer solchen Bahn überhaupt in Anschlag zu bringen, 
diese Bahn vorzuschlagen. Das Hauptprodukt von Kamerun ist die Oel- 
palme. Ich möchte hier das Wort wiederholen, das man dort in Farmer-
	        
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