Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreißigster Jahrgang. 1914. Erste Hälfte. (55a)

126 Das Deutsche Reich und seine rinzelnen Glieder. (März 11. — 13.) 
hinreichende Sicherstellung des Interesses der Allgemeinheit. Diesen — ich 
darf wohl sagen — syndilatsfreundlichen Standpunkt nehme ich noch heute 
bei den Verhandlungen ein, soweit bei ihnen es sich im wesentlichen darum 
handelt, dem Staat einen angemessenen Einfluß im Sundikat oder auf das 
Syndikat zu sichern. Die Verhandlungen werden mit erfahrenen und ge— 
schäftskundigen Männern, die an der Spitze des Syndikats stehen, geführt. 
Daß sie nicht ganz leicht sind, läßt sich danach denken. Auf Einzelheiten 
lasse ich mich nicht ein. Eins aber möchte ich noch betonen: Dadurch, daß 
man hier von der Regierung fortdauernd verlangt, sich um Himmels willen 
am Syndikat zu beteiligen, erleichtert man der Regierung die Aufgabe nicht, 
sondern erschwert sie.“ 
11. März. Die Entdeckung, daß in der Nacht das Kaiser 
Friedrich-Denkmal in Charlottenburg mit den in roter Farbe auf— 
getragenen Worten: „Rote Woche“ besudelt wurde, erregt großes 
Aufsehen und allgemeine Entrüstung. Der „Vorwärts“ sucht den 
Vorwurf, daß dieser Bubenstreich der zügellosen sozialdemokratischen 
Agitation zur Last falle, zu entkräften, indem er die Urheberschaft 
den Gegnern der Roten Woche zuschiebt. Die Untersuchung, infolge- 
deren bald darauf die Täter gefaßt werden, ergibt, daß diese in 
der Tat den Antrieb dazu durch sozialistische Parteiverhetzung emp- 
fangen haben. 
12. März. (Deutscher Reichstag.) Dritte Beratung und 
Berabschiedung des Postscheckgesetzes, das am 1. Juli 1914 in Kraft 
treten soll. Ferner erste Beratung eines Luftverkehrgesetzes. 
12. März. (Bayern.) Frage der Arbeitslosenversicherung 
in der Bayerischen Kammer der Abgeordneten. 
Die Regierung hatte dem Wunsche verschiedener Parteien entsprechend 
eine Nachtragsforderung von 75000 Mark in den Etat eingestellt, um der 
Lösung der Frage der Versicherung der Arbeitslosen näherzutreten und die 
Gemeinden, die beabsichtigen, die Arbeitslosenversicherung einzuführen, mit 
Beihilfen zu unterstützen. Im Laufe der Debatte sprachen sich die Sozial- 
demokraten und die Liberalen für die Genehmigung der Regierungsforde- 
rung aus, ein Teil des Zentrums und die Vertreter des Bundes der Land- 
wirte, des Deutschen Bauernbundes sowie die Bayerischen Bauernbündler 
dagegen. Auf den Appell des Ministers des Innern Freiherrn von Soden, 
den Bestrebungen der Regierung entgegenzukommen, bewilligte die Kammer 
die angeforderte Summe. 
12. März. Der neugegründete Deutsch-amerikanische Wirt- 
schaftsverband hält in Berlin seine erste Mitgliederversammlung ab. 
Verhandelt wurde vornehmlich über die Frage, ob der Verband als 
selbständige Organisation weiter bestehen oder der Deutschen Gesellschaft 
für Welthandel angegliedert werden soll. Es wird, namentlich nach den 
überzengenden Ausführungen des Generaldirektors Ballin, beschlossen, an 
der Selbständigkeit des Verbandes festzuhalten. 
13. März. (Deutscher Reichstag.) Verhandlung über fol- 
gende Interpellation des Zentrums:
	        
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