Das Dentsthe Reich und seine einzelnen Glieder. (März 13.) 135
der Mann ist satisfaktionsunfähig, mit einem Lumpen schießt man sich
nicht. Die Erreichung dieses Zieles wäre ein Gewinn, weil darin die
ethische Anschauung klar wird, in der unser ganzes Volk lebt und die selbst-
verständlich gerade in unserm Offizierkorps besonders lebhaft unterstützt
wird. Jeder Offizier wird mir recht geben, daß die Feststellung, und zwar
die möglichst baldige, der Satisfaktionsunfähigkeit des Gegners tatsächlich
ein Mittel wäre, Duelle zu einem noch möglichen Zeitpunkt zu vermeiden.
Geschieht das, so werden wir nicht das Duell beseitigen, aber den Triumph
des Unrechts eindämmen und an seine Stelle setzen ein siegreiches Vor-
schreiten von Recht und Sitte.“ Graf Westarp (K.): „Im Namen meiner
Freunde habe ich unsern einmütigen Beifall zu den Ausführungen des
Kriegsministers festzustellen. Zu dem Einzelfall von Metz erkennen wir an,
daß die Militärbehörde alles getan hat, was sie nach Lage des Falles und
den Grundsätzen der Kabinettsorder von 1897 tun konnte, um den Zwei-
kompf und seinen traurigen Ausgang zu vermeiden. Unsern wiederholten
Jrundsätzlichen Erklärungen über das Duell haben wir nichts hinzuzufügen.
Auch wir sind der Meinung, daß es gegen göttliches und menschliches Ver-
bot verstößt und daß wir nach Möglichkeit seine Beseitigung anstreben
müßen. Dem Beschluß der sogenannten Duellkommission haben wir zu-
gestimmt, weil wir den Gedanken grundsätzlich billigten. Wir haben aber
darin mehr einen resolutorischen Charakter gesehen, und es muß eingehend
und ernst geprüft werden, ob der Vorschlag der Kommission in der For-
mulierung überall das Richtige trifft. Zweitens ist auch zu bedenken, ob
der Vorschlag nicht doch auch aus dem System unserer ganzen Gesetzgebung
herausfällt und ob er nicht in Verbindung gesetzt werden soll mit der Frage
einer anderweiten Regelung des Verfahrens in Beleidigungssachen. Für
unser Offizierkorps nehmen wir das Recht und die Pflicht in Anspruch,
daß jeder einzelne jederzeit bereit sei, für seine Ehre seine Person und sein
Leben mit entschlossenem Handeln einzusetzen. In dieser Gesinnung sehen
wir eine der wichtigsten Grundlagen des Offizierkorps und wollen daran
nicht rütteln lassen. Aus solcher Gesinnung und nicht aus Motiven der
Rache oder Strafe entstehen die schweren Konflikte der Pflichten, in denen
der einzelne sich zum Zweikampf entschließt und infolge innern Zwanges
auch entschließen muß. Die Beleidigung der Familienehre ist ein so schwerer
Verstoß gegen das Sittengesetz, daß sie den Täter in jeder anständigen Ge-
sellschaft unmöglich machen muß. Selbstverständlich gehört dazu der Ehe-
bruch, dem wir mit dem vollen sittlichen Ernst christlicher und deutscher
Auffassung entgegentreten müssen. Wer freventlich in die Ehe eines andern
eindringt, noch dazu unter Mißbrauch des kameradschaftlichen Vertrauens
oder seiner Eigenschaft als Vorgesetzter, ist unwürdig, dem Offizierstand
anzugehören, und soll dann die Folgen seiner Handlung tragen bis in die
lezte Konsequenz. Wir können aber mit Befriedigung feststellen, daß diese
Auffassung auch in unserm Heer herrscht und von den Ehrengerichten durch-
aus durchgeführt wird. Beleidigungen aus andern Motiven, etwa weil
da einer seinen Gegner dadurch in seiner Stellung als Offizier gefährden
will, müssen nach der Erklärung des frühern Kriegsministers dem Ehren-
rat vorgelegt werden, der den Tatbestand feststellt. Dieser Gedanke könnte
sachgemäß geregelt und sichergestellt werden. In Beleidigungen soll eben
das Urteil der Standesgenossen maßgebend sein. Wir machen keine Vor-
schläge, weil nach unsern Grundsätzen die Ausgestaltung des ehrengericht-
lichen Verfahrens zu den Befugnissen des obersten Kriegsherrn gehört und
dem Reichstag eine verfassungsmäßige Mitwirkung dabei nicht gestattet ist."
(Lebhafter Beifall r.) Dr. Blunck (Fortschr. Vp.): „Den Metzer Fall müssen
wir aus der Aussprache ausschließen, nicht allein aus persönlichen Rück-