150 Das Denisthe Reith und seine einjelnen Glieder. (März 19.—21.)
lernt haben, den Boden zu kultivieren, Gebäude aufzuführen, Viehzucht zu
begründen usw., wo dann schließlich von den Missionen mancherlei auch
verkauft werden konnte. Das kommt natürlich nicht den Missionaren als
solchen zugute, denn sie sind auf ihr bescheidenes Gehalt angewiesen und
nicht berechtigt, Nebenerwerb zu treiben, sondern das kam den Missionen
als solchen zugute und verminderte die Zuschüsse, die vom Mutterland ge—
leistet werden mußten. Dafür soll man doch dankbar sein, daß sie die
Leute zu produktiver Arbeit erziehen. Unsere deutschen Missionare haben
vielfach, z. B. vor den englisch-amerikanischen Missionaren, den großen
Vorzug, daß sie selbstloser idealer Zwecke wegen dorthin gehen, nicht um
wohlhabende Leute, reiche Männer zu werden, sondern um ihrem auf-
opferungsvollen Beruf sich Jahre und Jahrzehnte hindurch zu opfern.
(Lebhafter Beifall.) Ich habe jetzt in China und Japan gesehen, wie dort
Tausende von Missionaren aus Amerika hinübergeschickt werden, die mit
großen Mitteln ausgestattet sind, die ein ganz anderes Gehalt bekommen
als unsere deutschen anspruchslosen Missionare, und die, wie mir jedermann
dort sagte, gleichzeitig Vertreter von allen möglichen Handlungsgesellschaften
sind. Sie reisen nicht mit der Bibel in der Hand, sondern mit dem Muster-
koffer durch das Land (Hört, hört! rechts', verkaufen Waren für andere
und werden reichlich bezahlt dafür, daß sie in ihren Missionen, in den
Missionsschulen und in den Gemeinden, die sie gründen, die Waren der
Herren, die die Tausende und Hunderttausende für die Missionen hergeben,
vertreiben und dem Volk diese oft genug recht schlechte Schundware auf-
zwingen. Dergleichen vermeiden unsere Missionare, die vielleicht zu wenig
geschäftskundig sind. Aber daß sie Grund und Boden erwerben, Wege an-
legen, Plantagen bauen, Kirchen und Schulen errichten, Wohngebäude für
sich und ihre Familie, für die Missionskinder usw., das ist doch entschieden
anzuerkennen.“ Der Redner äußert sich erfreut über die Ausführungen des
Abg. Dr. Oertel zur Farmerfrage und bemerkt weiter zur Besiedelung des
Ambolandes: „Wir dürfen nicht diese Besiedlung verhindern. Es ist dringend
notwendig, das Land der Kultur zu erschließen, auch der Kultur durch
Weiße. Ich bin überzeugt, wir kommen einen guten Schritt weiter, wenn
wir die Bahn, durch die diese Gebiete erschlossen werden sollen, noch weiter
nach Norden führen, in das portugiesische Gebiet hinein. Da darf nicht
jeder Weiße als Kulturpionier ausgeschlossen werden, sondern ihm muß die
Möglichkeit gegeben werden, dort im Interesse der Gesamtheit weiterzu-
arbeiten.“ (Beifsall.)
Zum Schluß kommt es noch zu heftigen Zusammenstößen zwischen
dem Staatssekretär Dr. Solf und dem Abg. Dr. Hoch wegen der von diesem
erhobenen persönlichen Anklagen. Am 21. März wird die Beratung des
Etats der Schutzgebiete zu Ende geführt.
19.— 21. März. (Preußisches Abgeordnetenhaus.) Erste
Beratung des Grundteilungsgesetzes.
Die Debatte wurde am 19. März mit folgender Rede des Land-
wirtschaftsministers Freiherrn v. Schorlemer eröffnet: „Als ich im
vorigen Jahre das Gesetz betreffend die Bewilligung von Staatsmitteln
zur Förderung der Ansiedlungskultur und der inneren Kolonisation vor
diesem Hause vertreten habe, habe ich bereits die Ziele und die Grenzen
der inneren Kolonisation zu skizzieren versucht. Ich habe insbesondere
darauf hingewiesen, daß der Zweck der inneren Kolonisation nicht die Auf-
teilung des Groszgrundbesitzes als solchen sein könne, sondern daß es sich
immer nur darum handeln müsse, das richtige Verhältnis zwischen größerem,
mittlerem und kleinerem Besitz herbeizuführen. Dieses Verhältnis zu er-