Das Ve#sche Reich und seine einzelnen Glieder. (März 19.—21.) 151
halten und da, wo es nicht vorhanden ist, seine Herbeiführung nach Möglich-
keit zu fördern und zu erleichtern, ist auch die Absicht des Entwurfes des
Grundteilungsgeseves, der jetzt Ihrer Beratung und Beschlußfassung unter-
worfen wird. Die in diesem Entwurfe vorgesehenen Maßnahmen fallen
vollig in den Dienst der inneren Kolonisation. Sie sind dazu bestimmt,
die Ansetzung von ländlichen Bauern und Arbeitern zu erleichtern, und
zwar insbesondere dort, wo es sich nicht allein um die Urbarmachung und
Besiedlung von Mooren handelt, sondern wo insbesondere auch die Auf-
leilung größerer Güter für die Zwecke der inneren Kolonisation in Betracht
kommt. Wenn wir in die Vergangenheit zurückblicken, so müssen wir uns
davon überzeugen, daß die innere Kolonisation und das Bestreben, sie zu
fördern, ihren Ausgangspunkt genommen haben von der leider feststehenden
Tatsache der zunehmenden Entvölkerung des platten Landes, besonders im
Osten der Monarchie. In bezug auf die Ursachen dieser Landflucht will
ich jetzt nur hervorheben, daß ich bereits früher darauf hingewiesen habe,
daß die Entvölkerung des platten Landes weniger in dem Bauernlegen ihre
Ursache findet und noch weniger auf das Konto des Großgrundbesitzes
zu schreiben ist. Die Landflucht ist vielmehr in erster Linie herbeigeführt
worden durch die Industrialisierung eines großen Teiles unserer früher
ländlichen Distrikte, durch den Zug von Osten nach Westen und die billigere
und bessere Arbeitsgelegenheit, die im Westen zu finden ist. Wir sind nicht
in der Lage, diese besseren Arbeitsbedingungen zu unterbinden. Um so
mehr betrachte ich es als die Aufgabe der Regierung, mit allen anderen
ihr sonst zu Gebote stehenden Mitteln die Erhaltung und weitere Ansetzung
von Bauern und Arbeitern zu fördern, besonders in denjenigen Gegenden,
wo gleichzeitig wichtige nationale Interessen in Frage stehen. Dieses Ziel
wollen wir mit der inneren Kolonisation erreichen. Seit dem Jahre 1886
ist die Ansiedlungskommission für Posen und Westpreußen, seit längeren
Jahren sind verschiedene provinzielle gemeinnützige und vom Staate unter-
stützte Siedlungsgesellschaften im Verein mit zahlreichen kleinen Siedlungs-
genossenschaften und teilweise auch Kommunalverbänden für die Ansetzung
von Bauern und ländlichen Arbeitern tätig. Allerdings liegt die Schwierig-
keit ihrer Tätigkeit nicht in erster Linie in der Beschaffung des nötigen
Geldbedarfs. Andere und teilweise viel schwierigere Hindernisse stellen sich
einem erfolgreichen Arbeiten der Kolonisationsgesellschaften entgegen. Diese
wenigstens teilweise zu verringern und zu beseitigen, ist die Absicht des
vorliegenden Gesetzentwurfs. Er befaßt sich in seinem ersten Abschnitte mit
der Einschränkung von Teilungen, und er wendet sich damit gegen den
gewerbsmäßigen Güterhandel, indem er jede Zerschlagung einer land= und
for#stwirtschaftlichen Besitzung von der Genehmigung der Behörde abhängig
macht, soweit dieselbe von einem gewerbsmäßigen Güterhändler oder Grund-
stücksvermittler vorgenommen wird. Sie werden, ebenso wie die öffentliche
Meinung, an dieser Vorschrift beim ersten Anblick vielfach Anstoß genommen
haben in dem Gedanken, daß mit einer solchen Maßnahme nicht allein der
unreelle Güterhandel getroffen, sondern auch der reelle Güterhandel unter-
bunden würde. (Sehr richtig! l.) Die nähere Prüfung läßt die Absicht des
Gesetzgebers erkennen, den reellen Güterhandel nach Möglichkeit unberührt
zu lassen und nur denjenigen Güterhandel zu treffen, der sich mit unwirt-
schaftlichen Zerschlagungen befaßt. Deshalb ist die behördliche Genehmigung
nur vorgesehen für land- und forstwirtschaftliche Besitzungen, während
städtischer Grundbesitz und Häuserbesitz überhaupt nicht in Frage kommen.
Nur die Zerschlagung, nicht der Verkauf einer Besitzung im ganzen soll
von der Genehmigung abhängig gemacht werden. Im § 3 ist außerdem
vorgeschrieben, daß auch solche Zerschlagungen einer behördlichen Genehmi-