Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreißigster Jahrgang. 1914. Erste Hälfte. (55a)

S##s Vesische Reich und seine einzelnen Glieder. (Mai 5.—13.) 255 
Die Sozialdemokraten fangen schon bei den Kindern an, gegen das Heer 
zu hetzen. In seinem Buch „Militarismus und Antimilitarismus“ gibt 
der Abg. Dr. Liebknecht offen zu, daß das Ziel der Sozialdemokratie die 
Vehrlosmachung der Staatsgewalt ist. Auf dieses Ziel hin strebt die ganze 
sozialdemokratische Jugendbewegung zu; mir fehlt ein parlamentarischer 
Ausdruck, um das Gebaren Dr. Liebknechts gebührend zu kennzeichnen. 
Gegenüber dieser sozialdemokratischen Gefahr müssen wir Thron und Altar 
schützen. Unser die Jugend trotz alledem!“ Dr. Neumann-Ratibor (3.1:: 
„Die Jugendpflege kann nur auf der Grundlage aufgebaut werden, 
auf der unsere Volksschulen stehen. Ebenso wie wir gegen Simultanschulen 
sind, ebenso sind wir gegen die interkonfessionelle Jugendbewegung. Wir 
wünschen deshalb, daß sich die Jugendvereine den konfessionellen Vereinen 
anschließen. Leider werden diesen Vereinen alle möglichen Schwierigkeiten 
in den Weg gelegt. Die Turnerzeitung nannte sogar die konfessionellen 
Vereine ein Unglück für das Vaterland. Gegen derartige Vorwürfe müssen 
wir uns entschieden wenden. Nur die konfessionellen Vereine können das 
Programm der Jugendpflege am besten durchführen. Es kommt nicht nur 
auf die Körperpflege, sondern hauptsächlich auf die Pflege der Gottesfurcht 
und Vaterlandsliebe an. Die Jugendpflege hat auch manche Erscheinungen 
gezeitigt, gegen die wir uns wenden. So hat ein junger Mann in der 
Dunkelheit einen andern erschossen. Lange nächtliche Uebungen mißbilligen 
wir ebenso wie Märsche, die den ganzen Tag einnehmen. Die lange Uebung 
am Sonntag hält die Jugend vom Gottesdienst ab. Wenn die Jugend so 
erzogen wird, sich über die religiösen Pflichten hinwegzusetzen, dann setzt 
sie sich auch bald über die staatlichen Pflichten hinweg. Den konfessions- 
losen Gottesdienst, wie er vom Jungdeutschlandbund abgehalten wurde, lehnen 
wir natürlich grundsätzlich ab. Eine Rede, die bei einer solchen Gelegen- 
heit gehalten wurde, war ganz auf den Ton des Evangelischen Bundes 
abgestimmt. Auch die Elternabende, bei denen der Alkohol eine große Rolle 
spielt, kommen der Jugend nicht zugute. Bei den Kindern zeigt sich oft 
eine erschreckende Unwissenheit in der Religion. Die Regierung muß auch 
den Jugendschriften ihre Aufmerksamkeit schenken.“ Abg. Dr. v. Schencken- 
dorff (Nl.): „Im Jahre 1913 sind wieder 28579 Personen in die Be- 
strebungen der Jugendpflege eingeführt, eine Zahl, die die von 1912 um 
einige Tausend überschreitet. Alles zeugt von großer Arbeit im Unterrichts- 
ministerium und bei den sonstigen Behörden, ebenso zeugt es von dem 
Interesse in den weitesten Kreisen des Volkes für die Jugendpflege. Wir 
konnen über diesen Fortgang der Bestrebungen nur Befriedigung und An- 
erkennung aussprechen. In der Kommission ist auf antisemitische Strömungen 
im „Wandervogel“ hingewiesen worden. Wer den „Wandervogel“, der 
übrigens keine Staatsmittel erhält, kennt, weiß, daß es eine kerngesunde 
ureigene Jugendschöpfung ist und daß jene Strömungen nur von ausßen 
hineingetragen sein können. Meine Freunde billigen die Erklärung der 
Regierung, daß Schüler zu solchen Vereinigungen nicht zugelassen würden, 
und wir wünschen im Interesse der guten Sache, daß solche unliebsamen 
Strömungen von unserer Jugendbewegung ferngehalten werden. Von dem 
freien deutschen Jugendverein muß man zunächst noch seine Entwicklung 
abwarten. Auf dem Hohen Meißner hat sich die Jugend durchaus würdig 
verhalten, sie hat Zucht gehalten, daß Exzesse nicht vorgekommen sind, und 
daß sie allen Verlockungen, sich in den Dienst einer besonderen Richtung zu 
stellen, widerstanden hat. Ueberrascht mußte man aber von den Angriffen 
der konfessionellen Vereine auf die Turnvereine sein. Wenn ihnen das 
Pflichtbewußtsein abgesprochen wird, so ist das ein unerwiesener Vorwurf, 
den wir als ungerecht abweisen. Gerade das Gegenteil ist der Fall. Daß
	        
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