Bas Beutsche Reich und seine einzelnen Glierder. (Mai 14.) 287
haben, daß die Kauffahrteischiffe sich auf ofsener See einrichten können, so
wäre das jedenfalls ein Entgegenkommen. Ich höre, daß ein russischer und
deutscher Widerspruch gegen die Deklaration nicht vorliegt, und würde mich
freuen, wenn sich das bestätigte. Wie steht es mit der Ratifikation des
Prisengerichtsabkommens? Das Interesse für die Schiedsgerichtsbewegung
ist in Deutschland sehr rege und wir wünschen ihr den besten Erfolg. Für
die dritte Haager Konferenz sollten auch wir nach dem Muster anderer
Staaten eine vorbereitende Studienkommission einsetzen. Leider steht das
Auswärtige Amt dieser Anregung sehr kühl gegenüber. Wenn die dritte
Konferenz zusammenkommt, dann wird wieder allein Deutschland nicht vor-
bereitet sein, und dann wird sich wieder der Vorwurf erheben: Deutschland
ist der Vater aller Hindernisse.“ Staatssekretär v. Jagow: „Der Abg.
Prinz Carolath hat um Auskunft über die Abschaffung des Seebeuterechts
gebeten. Bekanntlich ist die Frage in der zweiten Haager Konferenz er-
örtert worden; es waren damals vier Großmächte dafür, Amerika, Deutsch-
land, Italien und Oesterreich, während vier andere, England, Frankreich,
Rußland und Japan dagegen waren. Da auch die Stimmung in den Mittel-
staaten eine geteilte war, konnte man zu irgendeinem Beschluß natürlich
nicht gelangen. Daß eine wesentliche Aenderung der Stellungnahme der
Staaten seitdem erfolgt wäre, ist uns nicht bekannt. Wenn jetzt Sir Edward
Gren eine freundschaftliche Haltung seines Landes in Aussicht stellt, so ist
das im Interesse einer internationalen Verständigung zu begrüßen. Sir
Edward Grey hat an diese Konzession Bedingungen von großem Umfang
geknüpft. Diese Bedingungen sind mir noch nicht genügend bekannt. Sie
bedürfen jedenfalls noch einer Erläuterung und Prüfung, so daß ich
momentan mich zu dieser Frage nicht aussprechen kann. Zur Ratifizierung
der Seerechtsdeklaration sind wir bereit, aber das englische Parlament hat
ihr noch nicht zugestimmt.“ Abg. Gothein (Fortschr. Vp.): „In die Freude
über die Erhaltung des Friedens mischt sich immer ube-n das Bedauern,
daß der Friede nur soll erhalten werden können durch immer gesteigerte
Rüstungen. Für diese macht man heute mit Recht die Generalstäbler bei
uns und in den anderen Ländern verantwortlich. Tief bedauerlich ist es
also, daß die Staatsmänner bei der Politik so ziemlich abgedankt haben
und die Diplomaten nur noch eine untergeordnete Rolle spielen. Alle euro-
pdischen Großmächte werden heute arm, weil sie zuviel für ihre Rüstungen
ausgeben, weil sie nicht merken, daß die anderen, die das nicht notwendig
haben, inzwischen reich geworden sind. Man braucht ja nur auf die Ver-
einigten Staaten zu sehen. Auch England spart uns gegenüber, weil es
kein stehendes Heer in nennenswertem Umfange hat. Frankreich kann die
Rückkehr zur dreijährigen Dienstzeit nicht ohne Schaden auf die Dauer er-
tragen, um nicht rückständig zu werden. Auch unsere wirtschaftlichen Inter-
essen sind durch unsere Heeresausgaben schwer geschädigt. Wenn das Ver-
ständnis dafür vorhanden ist, muß der Weg auch gegangen werden. Des-
halb muß zwischen Frankreich und Deutschland eine Verständigung herbei-
geführt werden. Dem Vorredner kann ich darin nicht beistimmen, was er
über das Friedensbedürfnis in Frankreich gesagt hat. Der frühere Minister-
präsident Barthou hat am 20. November 1913 in der Kammer aufgefor-
dert, Front zu machen gegen diese gegenseitige Verständigungspolitik. Aber
er hat diese Rede gehalten, weil er einen politischen Gegner bekämpfte.
Die jetzige parlamentarische. Mehrheit in Frankreich und die Stimmung im
französischen Volke ist für ein gutes Verhältnis mit Deutschland. Das sollen
wir anerkennen. Es ist unsere Pflicht und Schuldigkeit, auf die von dort
herüberklingenden friedlichen Töne zu hören und die uns freundlich ent-
gegengestreckte Hand zu ergreifen, die Hand eines Volkes, das soviel in der