2 Vas Beutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Januar 4.—6.)
liche und politische Notwendigkeit sei, und daß von einem Abbau der Zölle
keine Rede sein könne. In diesem Zusammenhange wird u. a. auch auf
die Notwendigkeit eines durchgreifenden Schutzes unserer landwirtschaftlichen
Erzeugnisse von dem Gesichtepunkte aus hingewiesen, daß Deutschland mit
aller Macht dahin streben muß, sich hinsichtlich seiner Versorgung mit
Lebensmitteln, in erster Linie mit Brot und Fleisch, vom Ausland möglichst
unabhängig zu machen. Im Anuschluß hieran bezeichnet der Bericht als
Ziel aller gewerbepolitischen Maßnahmen: „Unsere wirtschaftliche Tätigkeit
nach Möglichkeit vor starken Erschütterungen, vor langandauernden Krisen,
wie wir sie in den siebziger und achtziger Jahren gehabt haben, und die
die Leistungsfähigkeit unserer Erwerbstätigkeit in Frage stellen könnten, zu
bewahren.“ Dazu gehöre auch die Notwendigkeit der Erneuerung der großen
wirtschaftlichen Organisationen unseres Erwerbslebens, besonders des Kohlen-
syndikats. Auch ein möglichst weitherziges Entgegenkommen der staatlichen
Behörden auf dem großen Gebiete des Verkehrswesens sei notwendig. Vor
allem müsse die Eisenbahnverwaltung mitwirken, indem sie den Verkehr
möglichst sicher und schnell zu bewältigen suche und zugleich auf dem Gebiet
des Tarifwesens den berechtigten Wünschen des Erwerbslebens größeres
Entgegenkommen zeige. In der Frage der Arbeitslosenversicherung wird
vor einer öffentlich-rechtlichen Versicherung mit Nachdruck gewarnt. Die
beste Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, wie überhaupt die wirksamste sozial-
politische Förderung der Arbeiter sei die, „durch zweckentsprechende wirtschafts-
politische Maßnahmen die heimische Gewerbetätigkeit zu heben und damit
Arbeit im Lande und in das Land zu schaffen. Eine dieser Maßnahmen
ist die, daß in Zeiten niedergehender Konjunktur keine Einschränkung der
von unseren großen staatlichen Verwaltungen zu vergebenden Aufträge er-
folgt. Gegen diesen elementarsten Grundsatz der Bekämpfung der Arbeits-
losigkeit ist trotz aller Mahnungen aus industriellen Kreisen und Gewerbe-
zweigen in der Vergangenheit immer wieder gefehlt worden.“ Am Schlusse
der Einleitung wird noch auf die bedeutende Steigerung der deutschen Aus-
fuhr, die im Berichtsfahre eingetreten ist, hingewiesen, und betont, daß auch
für die rheinisch-westfälische Schwerindustrie die Ausfuhr nach dem Auslande
nicht etwa ein Ventil bilde, das man in Zeiten ungenügender Kaufkraft des
Inlandsmarktes nur zu öffnen brauche, um den Ueberschuß nach dem Aus-
lande abzustoßen, und das man wieder schließen könne, sobald die Inlands-
nachfrage wieder genügend gestiegen sei, sondern daß die Ausfuhrbeziehungen
der deutschen Industrie bei dem steigenden Wettbewerb anderer Industrie-
länder auf dem Weltmarkte dauernder sorgfältiger Pflege bedürften und alle
Anstrengungen gemacht werden müßten, wenn die deutsche Industrie nicht
nur ihren Platz auf dem Weltmarkte behaupten, sondern, wie das unser Be-
völkerungszuwachs erfordere, noch weitere Eroberungen machen solle.
4. Januar. (Bayern.) Ministerpräsident Dr. Freiherr
v. Hertling wird in den erblichen Grafenstand, der Präsident der
Kammer der Reichsräte Karl Ernst Graf Fugger v. Glött in den
erblichen Fürstenstand erhoben.
5. Januar. In Straßburg beginnen die kriegsgerichtlichen
Verhandlungen gegen Oberst v. Reuter und Leutnant Schad wegen
unbefugter Anmaßung der politischen Exekutivgewalt.
6. Januar. (Elsaß-Lothringen.) Eröffnung der zweiten
Tagung des elsaß-lothringischen Landtags. Der Statthalter be-