Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreißigster Jahrgang. 1914. Erste Hälfte. (55a)

370 Haos Desische Reich und seint einzelnen Glieder. (Juli 27.—31.) 
27. Juli 3 Uhr nachm. (Potsdam.) Kaiser Wilhelm kehrt 
von der Nordlandesreise zurück. 
Er empfängt sogleich den Reichskanzler und die Chefs des General= 
und Admiralstabes. 
W. Juli. Die deutsche Kriegsflotte kehrt in ihre Heimathäfen 
zurück. 
31. Juli. Kronprinz Wilhelm wird zum Kommandeur der 
1. Gardedivision ernannt. 
31. Juli. (Berlin.) Kriegstrauung des Prinzen Oskar von 
Preußen mit Gräfin Ina Marie von Bassewitz (Gräfin von Ruppin). 
Ende Juli. Wachsende Kriegsgefahr durch die Verschärfung 
des serbisch-österreichischen Konfliktes. Rußland läßt durch seine 
Haltung deutlicher erkennen, daß es auf den Krieg hinarbeitet. 
Uber die diplomatischen Verhandlungen vor Kriegs- 
ausbruch siehe die Veröffentlichungen des deutschen „Weißbuche'“ 
am 3. August, sowie den besonderen Abschnitt im „Anhang“. 
31. Juli. Infolge der Mobilmachung der gesamten russischen 
Armee und der darin enthaltenen direkten Bedrohung Deutschlands 
erklärt der Kaiser, während der deutsche Botschafter in Petersburg 
mit der Uberreichung eines Ultimatums beauftragt wird, auf Grund 
des Art. 68 der Reichsverfassung den Zustand der drohenden Kriegs- 
gefahr für das ganze Reichsgebiet. 
Der Kaiser und die Kaiserin nehmen am Nachmittag im 
Königlichen Schloß zu Berlin Wohnung. In der Bevölkerung 
herrscht große Bewegung. Dem Kaiserpaar werden begeisterte Hul- 
digungen dargebracht. Am Abend patriotische Kundgebungen vor dem 
Schloß und vor der Wohnung des Reichskanzlers. Sowohl der Kaiser 
als auch der Reichskanzler halten Ansprachen an die Menge. 
Ansprache des Kaisers: 
Eine schwere Stunde ist heute über Deutschland hereingebrochen. 
Neider überall zwingen uns zu gerechter Verteidigung. Man drückt uns 
das Schwert in die Hand. Ich hoffe, daß, wenn es nicht in letzter Stunde 
Meinen Bemühungen gelingt, die Gegner zum Einsehen zu bringen und den 
Frieden zu erhalten, wir das Schwert mit Gottes Hilfe so führen werden, 
das, wir es mit Ehren wieder in die Scheide stecken können. Enorme Opfer 
an Gut und Blut würde ein Krieg vom deutschen Volke erfordern, den Gegnern 
aber würden wir zeigen, was es heißt, Deutschland anzugreifen. Und nun 
empfehle Ich Euch Gott. Zetzt geht in die RKirche, kniet nieder vor Gott und 
bittet ihn um Hilfe für unser braves HPeer! 
Ansprache des Reichskanzlers: 
In ernster Stunde sind Sie, um Ihren vaterländischen Empfindungen 
Ausdruck zu geben, vor das Haus Bismarcks gekommen, Bismarcks, der uns 
mit Raiser Wilhelm dem Großen und dem Feldmarschall Moltke das Deutsche 
Reich geschmedet hat. Wir wollten in dem Reiche, das wir in 44jähriger
	        
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