20 Va Peesche Reich und seine einzelnen Glieder. (Januar 13.)
der preußischen Volksvertretung gewürdigt werden. M. H., ich wieder-
hole, — ich brauche es nicht zu wiederholen, es liegt ja klar auf der Hand.
Im Interesse der Einzelstaaten beklage auch ich diese Vermögenszuwachs-
steuer in jeder Beziehung; aber ich habe es für ein nobile ofticium ge-
talten. auch die schwersten Opfer auf sich zu nehmen, wenn sie notwendig
ind, um die Stärke und Unabhängigkeit der Nation zu verbürgen."
Abg. Herold (3.) spricht über das Verhältnis der Staatsfinanzen
im Reich und über die innere Lage im allgemeinen; er fordert Eintreten
der preußischen Regierung für Aufhebung des Jesuitengesetzes. — Abg. Röch-
ling (Nl.) berührt in seiner Rede zum Etat auch die Vorgänge in Zabern.
Darauf antwortet Ministerpräsident v. Bethmann Hollweg: „M. H.
Der Vorredner hat am Schlusse seiner Ausführungen über Erscheinungen
gesprochen, welche im Reichslande anläßlich der Vorgänge in Zabern hervor-
getreten sind. Er hat seine Berechtigung zur Besprechung dieser Angelegen-
heiten in diesem Hause daraus hergeleitet, daß Elsaß-Lothringen Reichs-
land ist, und daß infolgedessen jeder einzelne Bundesstaat ein Interesse
daran hat, wie es dort zugeht. Ich will nicht bestreiten, daß unter diesem
Gesichtspunkt eine Besprechung von Mißständen einzelner Art hier im
Hause vorgenommen werden kann, wie es durch den Vorredner geschehen
ist. Ebenso habe ich volles Verständnis dafür, daß das Empfinden jedes
Preußen sehr scharf und unangenehm durch manches berührt worden ist,
was dort vorgefallen ist. Aber, m. H., ich kann es nicht für zulässig an-
sehen, daß mein Verhalten im Reichstage bei der Behandlung der Zaberner
Angelegenheit hier zum Gegenstande der Kritik gemacht werde. Ich bin
dort nicht als preußischer Ministerpräsident aufgetreten, sondern ich bin
dort als Reichskanzler ausgetreten, und die Kritik über das, was ich als
Reichskanzler tue — nicht in meiner Eigenschaft als stimmführender Bundes-
ratsbevollmächtigter Preußens, nicht in meiner Eigenschaft als preußischer
Ministerpräsident —, kann nur im Reichstage gefällt werden, und Sie setzen
mich ja nicht in die Möglichkeit, mich gegen die Angriffe zu verteidigen,
die Sie hier gegen mich richten (Abg. Dr. Schifferer: Herrenhaus!). —
Nein, m. H., wenn Sie das Herrenhaus anziehen, so ist das ein unrich-
tiger Vergleich. Im Herrenhaus ist darüber geklagt worden — meiner
Ueberzeugung nach mit Unrecht —, daß die verbündeten Regierungen es
zuließen, daß die staatsrechtlichen Verhältnisse der Einzelstaaten im Reiche
verschoben würden. Wenn dieser Vorwurf zutreffen sollte, dann würde ich
als stimmführendes Mitglied des Bundesrates für Preußen allerdings mit
daran schuld sein, und diese meine Haltung als preußischer Bundesrats-
bevollmächtigter würde der Kritik des Landtages unterliegen. Im Reichs-
tage aber bin ich bei der Besprechung der Zaberner Vorgänge, bei der
Interpellation nicht als preußischer Bundesratsbevollmächtigter aufgetreten,
sondern als Reichskanzler, und eine Kritik über meine Tätigkeit als Reichs-
kanzler kann ich in diesem Hause nicht annehmen, m. H. Der Vorredner
hat in dieser Beziehung ein paar Worte gesprochen, gegen die ich trotzdem
hier Verwahrung einlegen will, weil ich sie für unrichtig halte. M. H., ich
habe im Reichstage, als ich die Zaberner Vorgänge darstellte, gesagt: ich
stütze mich bezüglich der Vorgänge am 28. November auf die Meldungen
des Militärs. Danach habe ich die Situation dargestellt; ich habe aus-
geführt: das Militär ist zum Einschreiten gekommen, weil es der Ansicht
war, daß das Zivil versagt habe. Ich habe weiter hinzugefügt; die Zivil-
behörden widersprechen dieser Auffassung des Militärs auf das aller-
entschiedenste: wer von den beiden recht hat, weiß ich nicht und werde ich
vielleicht auch niemals wissen können. Nun, m. H., sagt der Vorredner,
das wäre eine Stellung, die eines Staatsmannes unwürdig wäre. M. H.,