Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreißigster Jahrgang. 1914. Erste Hälfte. (55a)

Das Ve#ische Reith und seine einzelnen Glieder. (Januar 26.) 53 
solchen, die aus der Initiative des Reichstags hervorgegangen sind, ergibt, 
so hat das seinen Grund darin, daß bei den ersteren Ettgürfen die Vertreter 
der verbündeten Regierungen durch Beschlüsse des Bundesrats und die ihnen 
vorausgehenden Beratungen die erforderliche Vollmacht und die tatsächlichen 
Unterlagen für die Verhandlungen mit dem Reichstag erhalten haben, 
während diese Voraussetzungen bei den Initiativanträgen des Reichstags 
meistens fehlen Soweit es sich bei den gestern auf der Tagesordnung 
stehenden Anträgen nicht um Gesetzentwürfe, sondern um allgemeiner ge- 
haltene Wünsche, die auch ohne ein Eingreifen der Gesetzgebung erfüllt 
werden konnten, handelte, hatte sich der Reichskanzler am Freitag bereits 
eingehend geäußert und dabei ausdrücklich betont, daß die Prüfung der 
Frage, ob und in welcher Weise eine Abänderung der Dienstvorschriften 
über das Verhalten des Militärs bei Störungen der öffentlichen Ordnung 
zu erfolgen habe, im Gange sei. Bei dieser Sachlage hätte eine Beteiligung 
von Vertretern der verbündeten Regierungen die gestrigen Verhandlungen 
nicht fördern können, ganz abgesehen davon, dah bei einer Abänderung 
der militärischen Dienstvorschriften eine Mitwirkung der gesetzgebenden 
Faktoren nach der Verfassung nicht stattfinden kann."“ 
26. Januar. (Preußischer Landtag.) Abgeordnetenhaus. 
Interpellation über die Dienstbotenversicherung bei den Ortskranken- 
kassen. Die Angelegenheit hatte die öffentliche Meinung im Lande 
besonders stark beschäftigt. 
26. Januar. (Gewerkschaftsstreit.) Den Zeitungen wird 
ein vom 21. Januar datiertes Schreiben des Fürstbischofs von 
Breslau, Kardinals Kopp, an den schärfsten Gegner der „Kölner 
Richtung“" im katholischen Lager, den Reichstagsabgeordneten Grafen 
Oppersdorff, bekannt gegeben. Das Schreiben behandelt die vom 
Bischof von Paderborn gegebene Auslegung der päpstlichen Enzyklika 
über die christlichen Gewerkschaften und enthält eine scharfe Absage 
an die vermittelnde und versöhnliche Richtung. 
Es wird zunächst festgestellt, daß der Episkopat zugleich mit der 
Veröffentlichung der Gewerkschaftsenzyklika die Erwartung ausgesprochen 
habe, daß ihre Weisungen freudig und gewissenhaft befolgt werden. Im 
Auftrage des Episkopats habe der Prälat Kreutzwald mit den Führern der 
christlichen Gewerkschaften Fühlung genommen, um zu verhüten, daß diese 
sich zu voreiligen, unbedachten Worten und Handlungen hinreißen lassen. 
Anfangs hätten die Führer der christlichen Gewerkschaften diese Mahnung 
auch befolgt. Vor der Generalversammlung in Essen habe der Bischof von 
Paderborn eine Erläuterung der Enzyklika unternommen. Weiter heißt 
es wörtlich: 
„Daß er sich dabei von der äußersten Milde leiten ließ, widersprach 
nicht den Absichten des Episkopats und erforderte die Lage der Dinge. 
Diese Erläuterungen sandte der hochwürdigste Herr am 30. November 1912 
dem Unterzeichneten als dem derzeitigen Vorsitzenden der Bischofskonferenz 
zur Prüfung und Zustimmung. Mit einigen Aenderungen konnte ich seine 
Arbeit als nicht gegen die Enzyklika gerichtet anerkennen und, da die 
christlichen Gewerkschaftsführer auf eine Zustimmung alles Gewicht legten, 
erteilte ich sie. Bei der Kürze der Zeit konnte diese Angelegenheit dem 
Gesamtepiskopat nicht mehr vorgelegt werden, tatsächlich ist dessen Ein-
	        
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