Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreißigster Jahrgang. 1914. Zweite Hälfte. (55b)

536 Großbritennien. (Mai 9.—15.) 
nach einer raschen Besserung in dem Rüstungsaufwand sehen. Bevor sie 
nicht zu irgendeiner Aenderung dieser Art gelangen, werden sie nach meiner 
Ansicht auch nicht erreichen, daß die Flottengesetze der fremden Mächte durch 
dieses oder irgendein anderes ähnliches Abkommen geändert werden. Grey 
geht dann zu der Frage des überseeischen Handels über und legt dar: Wir 
dürfen nicht zwischen uns und einer fremden Macht einen Stand der Dinge 
herbeiführen, demzufolge die fremde Macht beschließt, daß sie im Kriegsfall 
eine Gefahr oder die Gefahr einer sehr beschränkten Verpflichtung läuft, 
während wir selbst der Gefahr unbegrenzter Verpflichtung ausgesetzt bleiben. 
Wie überlegen auch immer unsere Flotte gegenüber irgendeiner kontinen- 
talen Flotte sein mag, und welche Seesiege wir auch immer erringen 
mögen, es kann keine Rede sein von einer Invasion oder Eroberung unfrer- 
seits. Wenn wir aber annehmen, daß unsere Flotte unterliegen sollte und 
vernichtet würde, würden wir diese Gefahr laufen. Wenn wir so die 
Operationen unserer Flotte beschränken, so daß sie auf das andere Land 
keinen Druck auszuüben vermag, würde der Krieg lange Zeit fortgesetzt 
werden, und die ganze Kriegslast würde auf unserer Flotte ruhen und 
nicht auf der des Feindes. Dies hieße, den Krieg zu einer sehr einseitigen 
Waffe machen, und zugleich wäre ein Stand der Dinge geschaffen, der uns 
mit Gefahren gewaltig belasten und ein großes Land auf dem Kontinent 
begünstigen würde. Ich zweifle, ob Sie etwas für die Verminderung der 
Kriegsaussichten oder der Rüstungsausgaben getan haben würden. Das ist 
der Grund, warum ich auf dem Rechte der Blockade bestehe. Im Hinblick 
auf den Konflikt mit dem Eigentum auf hoher See glaube ich nicht, daß 
es unserem Interesse entspricht, als Vorkämpfer für die Erhaltung dieses 
Rechts aufzutreten. Meine eigene Ansicht ist, daß kein Grund vorliegt, 
warum wir als Haupthindernis für die Beseitigung des Rechtes bei der 
nächsten Haager Konferenz erscheinen sollen oder warum wir uns nicht vor 
der Haager Konferenz bemühen sollen, unseren Delegierten keine Gründe 
zu liefern zur Bekämpfung der Resolution, die unzweifelhaft vorgebracht 
werden wird. Lassen Sie uns die Bedingungen prüfen, unter welchen wir 
unsere Delegierten anweisen können, die Resolution anzunehmen. 1. Eine der 
Bedingungen ist die Frage der Blockade, über die wir ein Einvernehmen 
mit den anderen Ländern zu erzielen wünschen, wenn sie nicht ein solches 
in der Londoner Seerechtsdeklaration haben, die der Admiralität genügt. 
Wenn die Deklaration angenommen würde, würde dies genügen. Ohne 
eine Verständigung über die Blockade, könnten wir der Resolution nicht 
zustimmen. — 2. Sehr strenge Bedingungen wären hinsichtlich der Konter- 
bande notwendig, so daß sie nicht als Ausrede verwendet werden könnte, 
um in Kriegszeiten die Unverletzlichkeit des Privateigentums aufzuheben. 
— 3. Ist ein Abkommen notwendig, daß die Kauffahrteischiffe nicht in 
bewaffnete Schiffe verwandelt werden dürfen. Wenn wir zu so etwas 
unsere Zustimmung geben, so müssen wir eine Gegenleistung erhalten. Auch 
die Minen sind erwähnt worden, und das ist eine Frage, über die wir 
gewiß ein Abkommen wünschen, Alle diese Dinge erfordern eine sehr sorg- 
fältige Ueberprüfung. 
Grey schließt, er könne den Antrag Morells, demzufolge die Regie- 
rung die Verhandlungen mit den fremden Ländern einleiten müßte, nicht 
annehmen. Die Regierung müsse erst Zeit haben, die Bedingungen aus- 
zuarbeiten, unter welchen sie zur Verhandlung bereit wäre. Er hoffe zu- 
versichtlich, daß dies so in einem Jahre der Fall sein werde. 
9.—15. Mai. (London.) Staatsbesuch des dänischen Königs- 
paares.
	        
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