Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreiunddreißigster Jahrgang. 1917. Erster Teil. (58a)

242 Veutsches Reich. (März 3./5.) 
Löhnen in deutschen Betrieben arbeiten. Manche hätten Verwandte nach- 
kommen lassen. Sie arbeiteten zur vollen Zufriedenheit der Betriebsleiter. 
Zu Arbeiten unmittelbar hinter der Front und gar im feindlichen Feuer 
würden die Belgier nicht herangezogen. Die deutsche Verwaltung habe 
da ein vollständig reines Gewissen. 
Am 5. findet eine Aussprache über das Bündnisangebot an Mexiko 
(s. S. 235 ff.) statt. Auf Einwendungen des Abg. Dr. David (Soz.) gegen diesen 
Schritt gibt Staatssekretär Zimmermann eine längere Darstellung der 
mit der Instruktion verfolgten Absichten. Daß wir uns für den Fall des 
Ausbruchs des Krieges mit Amerika nach Bundesgenossen umgesehen hätten, 
sei eine natürliche und berechtigte Vorsorge. Er bedauere es auch nicht, 
daß durch die amerik. Veröffentlichung die Instruktion auch in Japan be- 
kannt geworden sei. Für die Beförderung der Instruktion sei der sicherste 
Weg gewählt worden, der zurzeit zur Verfügung gestanden habe. Wie die 
Amerikaner in den Besitz des Textes gekommen seien, der mit einer ganz 
geheimen Chiffre nach Washington gegangen sei, darüber fehle uns noch 
alle Kenntnis. Daß die Instruktion in amerik. Hände gefallen sei, sei ein 
Mißgeschick, das nichts daran ändere, daß der Schritt im vaterländischen 
Interesse notwendig gewesen. Am wenigsten habe man gerade in Amerika 
das Recht, sich über unsere Aktion aufzuregen. Irrtümlich wäre die An- 
sicht, daß der Schritt im Auslande besonders tiefen Eindruck gemacht hätte. 
Er werde als das aufgefaßt, was er sei: als eine berechtigte Abwehraktion. 
für den Kriegsfall. 
Abg. Prinz zu Schönaich-Carolath (Natl.) betont, daß Amerika 
keinen Grund zu besonderer Entrüstung habe. Gerade Präsident Wilson 
habe sich ja bemüht, alle Neutralen gegen uns aufzubringen. Das komme 
auch in der neutralen Presse Europas deutlich zum Ausdruck. Wenn also 
gegen die Instruktion nichts einzuwenden sei, so bleibe das einzig Be- 
dauerliche an der Sache, daß das Schriftstück durch Vertrauensbruch in 
Amerika bekannt geworden sei. Ob nicht ein sichererer Weg zur Vermittlung 
der Instruktion hätte gefunden werden können, bleibe dahingestellt. Es könne 
dem Staatssekretär um so weniger ein Vorwurf gemacht werden, als man 
es stets beklagt habe, daß sich das Ausw. Amt nicht genügend um Bünd- 
nisse für Deutschland bemüht habe. Nun hätten diese Bemühungen ein- 
gesetzt und fänden, allerdings nur vereinzelt, Widerspruch, dem er ent- 
gegentreten müsse. Jede Schwächung eines möglichen Gegners sei für 
Deutschland vorteilhaft. Dieses Ziel habe der Staatssekretär im Auge 
gehabt. Im Kriege müsse jedes mögliche Mittel benutzt werden, den 
Gegner zu schwächen. Daher habe der Staatssekretär vollkommen richtig 
gehandelt. — Abg. Ledebour (Soz. Arb.) wendet sich gegen die ganze 
Aktion. — Ihm tritt Abg. Gröber (Zir.) nachdrücklich entgegen. Dem 
Staatssekretär könne ein Vorwurf nicht gemacht werden, weil er sich nach 
Bündnissen umgesehen habe. Der Umstand, daß das Schriftstück in falsche 
Hände gelangt sei, erfordere Nachprüfung, ob ein Schaden im System vor- 
liege. — Abg. Dr. Heckscher (Fortschr. Vp.) bringt Bedenken darüber vor, 
wie der Vorgang durch die Presse der deutschen Oeffentlichkeit zur Kenntnis 
gebracht worden sei. Es sei unser gutes Recht, Anknüpfungen gegen mög- 
liche Feinde zu suchen, wo dies gehe. Das könnten wir vor aller Welt 
vertreten. Die Art, wie die Instruktion befördert worden sei, gebe bis zu 
ihrem Eintreffen in Washington zu Beanstandungen keinen Anlaß. Man 
müsse mit seinem Urteil über das Weitere abwarten, bis man nähere 
Kenntnis von den Vorgängen habe. Unserem Botschafter eine Schuld bei- 
zumessen, davon möge man Abstand nehmen und warten, bis Graf Bernstorff 
auf deutschem Boden angelangt sei. — Abg. Graf v. Westarp (Kons.) faßt
	        
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