282 Veaisches Neig. (März 10.
wortlichkeit kann eine andere Zentralstelle im Reiche nicht übernehmen. Es
würde sich tatsächlich um eine Umwälzung einer riesenhaften, fest organi-
sierten Verwaltung im Kriege handeln. Auf die geplante Reichsverkehrs-
steuer eingehend erklärt der Minister, es sei verständlich, daß sich eine
gewisse Steuerscheu geltend mache. Aber trotz der hohen Kriegsentschädi-
gung, die wir mit Zuversicht erwarten, können wir angesichts der riesen-
haften Belastung des Reichs die Verkehrssteuer nicht entbehren. Meine
Verwaltung hat eingehend untersucht, ob die Verkehrssteuer nicht als Last
empfunden werden und den Verkehr erschweren muß. Ich kann als Er-
gebnis dieser Untersuchung sagen, daß die gegenwärtige Reichsverkehrs-
steuer als erträglich zu bezeichnen ist und keine übermäßige Belastung dar-
stellt. (Der Minister sucht diese Behauptungen durch eingehende Berech-
nungen zu beweisen.) Was die zukünftige Gestaltung unserer Tarife
anlangt, so werden wir um eine Erhöhung nicht herumkommen. Die Ge-
hälter der Beamten und die Löhne der #tbeiter werden erhöht werden
müssen, und dazu kommt die ungeheure Erhöhung der Materialpreise. Der
Ausbau unserer Tarife wird eine der schwierigsten Aufgaben unserer Zu-
kunft sein. Wir werden mit vollem Ernst und mit größter Sachkenntnis
an diese Aufgabe herangehen, und alle wirklich Sachverständigen darüber
hören. Trotz der Schwere und der Not der Zeit blicke ich mit Zuversicht
in die Zukunft. Freilich einen lustigen Optimismus lehne ich ab. So un-
erfreulich manche Vorkommnisse in der Gegenwart auf dem Gebiet des
Verkehrswesens sind, ungünstige Schlüsse auf die Zukunft dürfen aus ihnen
nicht gezogen werden. Die Vorredner haben mir ihr Vertrauen aus-
gesprochen. Ohne dieses Vertrauen kann ein Minister an so verantwortungs-
voller Stelle auch nicht arbeiten. Meine Verwaltung und ich werden alles
tun, um dieses Vertrauen zu rechtfertigen. (Beifall.)
10. März. (Bayer. Reichsratskammer.) Rede des Minister-
präsidenten. Vorlagen.
Außerhalb der Tagesordnung nimmt das Wort Ministerpräsident
Dr. Graf v. Hertling. Er gibt zunächst dem schmerzlichen Bedauern Aus-
druck über den Verlust, den die Kammer durch den Heldentod des Prinzen
Heinrich erlitten hat, und fährt fort: Der Herr Präsident hat in be-
geisterten und begeisternden Worten der glänzenden Taten unserer herr-
lichen Armee gedacht. Ich schließe mich ihm rückhaltlos an. Mit Stolz
und Bewunderung blicken wir alle auf die treue, tapfere Wacht, die nun
in mehr als zweieinhalbjährigem Ringen ohnegleichen einer Uebermacht
von Feinden standgehalten und den wütendsten Angriffen in Ost und West
getrotzt hat. Was an Heldenmut und Opfergeist täglich, ja stündlich da
draußen in den Schützengräben, in der Luft, auf und unter dem Wasser
geleistet wird, ist ohnegleichen, kein Wort der Bewunderung ist stark und
laut genug. Aber es legt auch dem deutschen Volke gegenüber den Helden,
die für seine Existenz kämpfen, und ihren Hinterbliebenen eine Dankes-
schuld von gewaltiger Größe auf. Darum sei auch jetzt und heute
gesagt, daß wir uns dieser Dankespflicht vollkommen bewußt sind, und daß
nichts versäumt werden darf, diese heilige Pflicht zu erfüllen. Der Minister-
präsident geht dann auf den Ueberblick ein, den er zu Beginn der Tagung
im Abgeordnetenhause über die seit dem Auseinandergehen des Landtags
eingetretenen wichtigen Ereignisse gegeben hat (s. S. 89 ff.). Das letzte Wort,
das erst die volle Antwort auf jene übermütige, mit Verleumdungen und
unwahren Angaben erfüllte Herausforderung unserer Feinde gebracht hätte,
durfte ich damals nicht aussprechen. Aber noch am gleichen Tage sprach es
der Herr Reichskanzler im Reichstage aus mit der Ankündigung des ver-