Spanien. (Februar 14.) 231
samten Gebiet weder gestört noch geschmälert wird, auf welchem sich die
Kaiserl. Regierung genötigt sieht, gemäß ihrer Ankündigung und zur Er-
reichung ihres Zweckes alle Waffen anzuwenden und alle Beschränkungen
außer acht zu lassen, die sie sich bisher in der Anwendung ihrer Seekriegs-
mittel auferlegt hat. Schon bevor die Kaiserl. Regierung diese Beschränkungen
aufgegeben hatte, hat die Kgl. Regierung protestiert, da sie diese Beschränkungen
nicht für ausreichend erachtete, um die Erfüllung der Bestimmungen des inter-
nationalen Seekriegsrechts außer acht zu lassen. Da aber die von Deutsch-
land angekündigte Kriegführung auf ein unerwartetes und ohne Vorgänge
dastehendes Maß gebracht wird, so muß die span. Regierung mit Rück-
sicht auf die Pflichten und Erfordernisse ihrer Neutralität mit noch größerer
Berechtigung ihren ebenso wohlerwogenen wie eindringlichen Protest an
die Kaiserl. Regierung richten, wobei si" zugleich die Vorbehalte macht, auf
welche die berechtigte Annahme einer unabweislichen Verantwortlichkeit
der Kaiserl. Regierung, namentlich wegen des durch ihre Maßnahmen
möglicherweise verursachten Verlustes an Menschenleben, sie hinweist. Die
Kgl. Regierung gründet ihren Protest darauf, daß die vollkommene
Schließung des Zuganges zu bestimmten Gewässern und die Ersetzung
des unter gewissen Umständen unleugbar bestehenden Wegnahmerechtes
durch ein in jedem Fall anwendbares angebliches Zerstörungsrecht un-
vereinbar sind mit den anerkannten Grundsätzen des internationalen
Lebens. Vor allem gründet sie aber ihren Protest ganz besonders darauf,
daß die Ausdehnung dieser Rechtsauffassung in der angekündigten Weise
auf die Vernichtung des Lebens von Nichtkämpfern, auf Untertanen eines
neutralen Staates, wie Spanien, jenen Grundsätzen zuwiderläuft, die von
allen Nationen selbst zu Zeiten größter Zwangslage innegehalten worden sind.
Wenn die deutsche Regierung, wie sie sagt, darauf vertraut, daß das span.
Volk und seine Regierung sich den Gründen für ihren Entschluß nicht ver-
schließen würden, und hofft, daß sie ihrerseits mitwirken, weiteres Elend
und weitere Opfer an Menschenleben zu verhüten, so wird sie ebenso ver-
stehen, daß die span. Regierung, die bereit ist, zu einem geeigneten Zeit-
punkte die Initiative zu ergreifen und ihre Stütze jeder Bestrebung zu
leihen, die zu einem tagtäglich sehnsuchtsvoller herbeigewünschten Frieden
führen kann, anderseits ein außergewöhnliches Kriegsrecht nicht als gesetz-
lich zulassen kann. Trotz der Rechte Spaniens als neutraler Staat und
der Gewissenhaftigkeit, mit dem es die ihm hierin obliegenden Pflichten
erfüllt, erschwert diese Art der Kriegführung den Seehandel Spaniens nicht
nur, sondern unterbindet ihn sogar, wobei seine wirtschaftliche Existenz be-
droht und gleichzeitig das Leben seiner Untertanen ernsten Gefahren aus-
gesetzt wird. Die Kgl. Regierung baut mehr denn je auf die ihr zur Seite
stehende Gerechtigkeit und bezweifelt nicht, daß die Kaiserl. Regierung sich
von den Gefühlen der Freundschaft, die beide Länder verbinden, leiten
lassen, und daß sie ferner innerhalb der harten Notwendigkeiten des schreck-
lichen modernen Krieges Mittel finden wird, um den Einwänden Spaniens
zu entsprechen. Diese Einwände beruhen auf der unabweislichen Pflicht der
Regierung, das Leben ihrer Untertanen zu schützen und die Souveränität
in vollem Umfange aufrechtzuerhalten, damit Spaniens nationale Existenz
nicht gefährdet wird, wobei sie die Gerechtigkeit und das Recht auf ihrer
Seite weiß.“
Der Wortlaut und das Datum der Note ist mitgeteilt in dem deutschen
„Weißbuch“ vom April 1917 (s. Tl. 1 S. 86). Von span. Seite wird die
Note vom 6. Febr. datiert. Nach einer Meldung des „WTB.“"“ vom 17. Febr.
ist die Antwortnote dem Botschafter bereits am 6. Febr. überreicht worden.
Durch „Havas“ wurde der Text der Note bereits vor ihrer amtlichen Ver-