Anhang I.
Diplomatische Enthüllungen.
1. Aus den Geheimakten des ehem. russ. Ministeriums
des Auswärtigen.
(Veröffentlicht durch das russ. Volkskommissariat f. Ausw. Angelegenh., 1918.)7)
1. Deutsch-österr.-russ. Geheimvertrag nebst Protokoll v. 18. Juni
1881. (Russ. „Rotb.“ VII Nr. 71, „Dokumente aus den russ. Ge-
heimarchiven“ S. ff.)
. Die Höfe von Deutschland, Oesterreich-Ungarn und Rußland, beseelt
von dem gleichen Wunsche, dem allgemeinen Frieden durch eine Verein-
barung, welche die Verteidigungsstellung ihrer betreffenden Staaten sicher-
zustellen hat, zu festigen, sind in bezug auf einige Fragen, die ihre gegen-
seitigen Interessen besonders berühren, übereingekommen. Zu diesem Zweck
haben die erwähnten Höfe ernannt (folgen die Namen: v. Bismarck, Graf
v. Czecheny, v. Ssaburow), welche, versehen mit den in erforderlicher Weise
abgefaßten und als gültig anerkannten Vollmachten, eine Vereinbarung über
folgende Punkte getroffen haben:
I. Falls eine der hohen vertragschließenden Parteien Krieg mit einer
vierten Großmacht führen sollte, so verpflichten sich die beiden anderen
Parteien, der ersten gegenüber eine freundschaftliche Neutralität zu bewahren
und alle Mittel anzuwenden, um die Beendigung des Konfliktes herbei-
zuführen. Diese Vereinbarung erstreckt sich ebenfalls auf den Fall eines
Krieges zwischen einer der drei Mächte und der Türkei, jedoch nur in dem
Falle, wenn vorher zwischen den drei Mächten eine Vereinbarung über
die Ergebnisse dieses Krieges zustande kommen sollte. Für den besonderen
Fall, daß eine der Parteien eine tatkräftigere Unterstützung von einem
seiner beiden Verbündeten erhalten sollte, so ist das in diesem Punkte Ge-
sagte in vollem Umfange obligatorisch für die dritte Macht.
II. Rußland erklärt in völliger Uebereinstimmung mit Deutschland
seinen festen Entschluß, die Interessen Oesterreich-Ungarns zu achten, die
aus der neuen, durch den Abschluß des Berliner Vertrages geschaffenen
Lage hervorgehen. In dem Wunsch, einem jeglichen Meinungsunterschied
zwischen den drei Mächten vorzubeugen, verpflichten sich dieselben, ihre
gegenseitigen Interessen auf der Balkanhalbinsel in Rechnung zu ziehen.
Sie versprechen, daß Aenderungen im status quo nicht anders gemacht
werden können als nach gemeinsamer Uebereinkunft. Um den Abschluß
dieser Uebereinkunft zu erleichtern, einer Uebereinkunft, deren Einzelheiten.
sehr schwer vorauszusehen sind, bestätigen alle drei Mächte in dem diesem
Traktat beigelegten Protokoll die Punkte, in bezug auf welche die Ueber-
einkunft im Prinzip bereits erreicht ist.
*) Die Geheimakten erschienen teils in den bolschewistischen Zeitungen „Iswestija“,
„Prawda“ u. a., teils in amtlichen Sammelheften („Rotbüchern"“). Soweit sie bis zum
1. Juli 1918 in Berlin eingegangen waren, wurden sie vom deutschen Auswärtigen Amt
unter dem Titel „Dokumente aus den russischen Geheimarchiven“ veröffentlicht.