Nunmehr ging die Versorgung mit Lebensmitteln reibungslos vor
sich, sodaß der Magistrat sich in jeder Hinsicht zufriedengestellt sah und
keinen Anlaß fand, ein ähnliches, aber verwickelteres Verfahren zu
übernehmen, für das der Präsident des Kriegsernährungsamts sich warm
einsetzte.
Gerade in diese Zeit fallen die letzten Versuche des Magistrats,
selbständig Lebensmittel zu beschaffen. Damals hatte der Magistrat
einen Aufkäufer beauftragt, ihm in Polen Dörrobst zu besorgen. Das
Geschäft wickelte sich glatt ab, für den Magistrat wurden 280 Ztr. ge-
trocknete Pflaumen besorgt und 20 000 J angezahlt. Da kam plötzlich
die Nachricht, daß die maßgebende Stelle, nämlich die Reichsstelle für
Gemüse und Obst, von dem Geschäft vorzeitig erfahren und die Ausfuhr
aus Polen verboten hatte. Als einzigen Trost erhielt der Magistrat die
Zusicherung, daß einmal ein Waggon Pflaumen geliefert werden würde:
daß er nie gekommen ist, versteht sich von selbst.
Je länger die Bewirtschaftung der Nahrungsmittel dauerte, um so
größer wurde die Unzufriedenheit der Kaufleute. Schon im Mai 1917
erging an den Magistrat ein längeres Schreiben der Kolonialwarenhänd-
ler: sie hätten seinerzeit einen Bruttogewinn von 15 S vereinbart; jetzt,
wo der Umsatz nicht zum wenigsten durch die Einrichtung der Kreisle-
bensmittelstelle erheblich zurüchgegangen sei, seien die Geschäftsunkosten
auf etwa 18 %% gestiegen, während der Brultogewinn nur 5.5—12,8 40
je nach der Warengaktung betrage. Der Magistrat versuchte mehrfach,
bei den maßgebenden Behörden eine bessere Preisgestaltung zu errei-
chen, doch sind, wie es in einem Brief an den Magistrat in Schlawe heißt,
„die Vorstellungen trotz zahlenmäßigen Nachweises, daß die Kaufleute
nur mit Schaden verkaufen können, ergebnislos geblieben“.
Alle diese Klagen verdichteten sich im Herbst 1917 zu einem einge-
henden Bericht der Kolonialwarenhändler, der eine so klare Anschauung
von den Werhältnissen gibt, unter denen die Kaufleute leben mußten,
daß er näher gewürdigt zu werden verdient. Zuerst stehen die Beschwer-
den über die Beschaffenheit der von der PM. gelieferten Waren: Audeln
waren verdorben, dumpfig, mit Schimmel durchsetzt und zu Klumpen zu-
sammengetrochnet; Kriegsmus (d. h. Marmelade mit viel Kohlrübenzu-
satz) war infolge zu langen Liegens zum Teil verschimmelt und in Gärung
übergegangen; Südfruchtmarmelade war in hienhaltigen Fässern gelie-
fert und ungenießbar; die Margarine war zu wasserhaltig, der Zucker
unrein, das Hafermehl durch zu langes Liegen vollständig bitter, das
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