Full text: Die Kriegswirtschaft in Stopl 1914-1919.

Nunmehr ging die Versorgung mit Lebensmitteln reibungslos vor 
sich, sodaß der Magistrat sich in jeder Hinsicht zufriedengestellt sah und 
keinen Anlaß fand, ein ähnliches, aber verwickelteres Verfahren zu 
übernehmen, für das der Präsident des Kriegsernährungsamts sich warm 
einsetzte. 
Gerade in diese Zeit fallen die letzten Versuche des Magistrats, 
selbständig Lebensmittel zu beschaffen. Damals hatte der Magistrat 
einen Aufkäufer beauftragt, ihm in Polen Dörrobst zu besorgen. Das 
Geschäft wickelte sich glatt ab, für den Magistrat wurden 280 Ztr. ge- 
trocknete Pflaumen besorgt und 20 000 J angezahlt. Da kam plötzlich 
die Nachricht, daß die maßgebende Stelle, nämlich die Reichsstelle für 
Gemüse und Obst, von dem Geschäft vorzeitig erfahren und die Ausfuhr 
aus Polen verboten hatte. Als einzigen Trost erhielt der Magistrat die 
Zusicherung, daß einmal ein Waggon Pflaumen geliefert werden würde: 
daß er nie gekommen ist, versteht sich von selbst. 
Je länger die Bewirtschaftung der Nahrungsmittel dauerte, um so 
größer wurde die Unzufriedenheit der Kaufleute. Schon im Mai 1917 
erging an den Magistrat ein längeres Schreiben der Kolonialwarenhänd- 
ler: sie hätten seinerzeit einen Bruttogewinn von 15 S vereinbart; jetzt, 
wo der Umsatz nicht zum wenigsten durch die Einrichtung der Kreisle- 
bensmittelstelle erheblich zurüchgegangen sei, seien die Geschäftsunkosten 
auf etwa 18 %% gestiegen, während der Brultogewinn nur 5.5—12,8 40 
je nach der Warengaktung betrage. Der Magistrat versuchte mehrfach, 
bei den maßgebenden Behörden eine bessere Preisgestaltung zu errei- 
chen, doch sind, wie es in einem Brief an den Magistrat in Schlawe heißt, 
„die Vorstellungen trotz zahlenmäßigen Nachweises, daß die Kaufleute 
nur mit Schaden verkaufen können, ergebnislos geblieben“. 
Alle diese Klagen verdichteten sich im Herbst 1917 zu einem einge- 
henden Bericht der Kolonialwarenhändler, der eine so klare Anschauung 
von den Werhältnissen gibt, unter denen die Kaufleute leben mußten, 
daß er näher gewürdigt zu werden verdient. Zuerst stehen die Beschwer- 
den über die Beschaffenheit der von der PM. gelieferten Waren: Audeln 
waren verdorben, dumpfig, mit Schimmel durchsetzt und zu Klumpen zu- 
sammengetrochnet; Kriegsmus (d. h. Marmelade mit viel Kohlrübenzu- 
satz) war infolge zu langen Liegens zum Teil verschimmelt und in Gärung 
übergegangen; Südfruchtmarmelade war in hienhaltigen Fässern gelie- 
fert und ungenießbar; die Margarine war zu wasserhaltig, der Zucker 
unrein, das Hafermehl durch zu langes Liegen vollständig bitter, das 
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