IV. Querschnitt.
Es wäre eine verlockende Aufgabe, einmal im Zusammenhang dar-
zustellen, welche Einwirkung die kriegswirtschaftlichen Maßnahmen auf
die Entwicklung der normalen wirtschaftlichen Beziehungen zwischen dem
Erzeuger und Händler auf der einen, dem Verbraucher auf der ande-
ren Seite gehabt haben. Von dem DPunkte aus gesehen, an dem wir
stehen, von den Verhälktnissen einer nicht gerade bedeutenden Mitlelstadt
aus, läßt sich ein solcher Ueberblick nun freilich durchaus nicht gewinnen.
Immerhin ist es doch vielleicht einmal der Mühe wert, wenigstens für
einen solchen kleinen Kreis eine derartige Untersuchung anzustellen.
Feldmarschall von Hindenburg hat am 27. 9. 1916 in einem Brief
an den Reichskanzler geschrieben: „Alle staatliche Regelung des Ver-
brauchs muß versagen, wenn nicht die verständnisvolle freiwillige Mit-
wirkung aller Schichten der Bevölkerung in Stadt und Land zu Hilfe
kommt. “
Setzen wir einmal den Fall, diese verständnisvolle freiwillige
Mitwirkung sei allenthalben festzustellen — und wir können nach dem,
was in Stolp beobachtet wurde, wohl der Meinung Ausdruck geben,
daß mindestens sehr weite Kreise der Bevölkerung mit großem WVerständ-
nis und einer heute kaum noch verständlichen Geduld in dem Sinne jener
Briefstelle mitgearbeitet haben — konnte dann die staatliche Verbrauchs-
regelung überhaupt ihren Zwechk erfüllen?
Das Ziel der Verbrauchsregelung mußte doch wohl das sein, unter
möglichster Schonung all der feinen wirtschaftlichen Beziehungen, die in
ihren Verästelungen vom Großkaufmann und Erzeuger bis in den klein-
sten Haushalt gehen, alle Teile, Erzeuger, Händler und Verbraucher, zu
ihrem Recht kommen zu lassen, sodaß schließlich die Wirtschaft wohl
ihrem Umfange nach verringert wurde, aber in ihrem Gefüge voll erhal-
ten blieb.
Aber da erinnern wir uns an jene schon erwähnte Pressenotiz aus
dem Reichsamt des Inneren: wenn da ganz offen davon geredet wurde,
daß Produktion und Handel ohne Gewinn, ja mit Verlust arbeiten soll-
155