Full text: Die Zuständigkeit des deutschen Bundesrates für Erledigung von Verfassungs- und Thronfolgestreitigkeiten.

Bundesrat zu überweisen“, bestätigte der Bundesrat seinen 
früher gefassten Beschluss am 11. März 1873. 
Von den danach einander widersprechenden Auffassungen 
des Reichstages und Bundesrates ist die vom Bundesrate ver- 
tretene als die dem Sinne des Gesetzes entsprechende zu be- 
zeichnen.?) Die zur Begründung der entgegengesetzten An- 
sicht ausgesprochene Behauptung: Die Reichsverfassung setze 
im Art. 76 Abs. 2 das Vorhandensein einer Verfassung im 
konstitutionellen Sinne voraus in jedem Einzelstaate sowohl, 
wie für jeden Teil eines solchen, schlägt nicht durch. Tat- 
sache ist, dass in Mecklenburg zur Zeit der Einführung der 
Reichsverfassung nicht eine konstitutionelle, sondern eine 
ständische Verfassung in Geltung war. Eine Absicht des 
Gesetzgebers, dieses Land von vornherein von der Bestimmung 
des Art. 76 Abs. 2 der Reichsverfassung auszuschliessen hat, 
wie mit Bestimmtheit anzunehmen ist, nicht bestanden. Ausser- 
dem sehe ich keinen Grund, weshalb das Verfahren bei der 
Erledigung der Verfassungsstreitigkeit ein verschiedenes sein 
soll, je nachdem diese in einem Bundesstaate mit ständischer, 
oder einem solchen mit konstitutioneller Verfassung besteht. 
— Lediglich das Wort „Verfassungsstreitigkeit* lässt einen 
Schluss in der bezeichneten Richtung nicht zu; der Ausdruck 
allein berechtigt auch nicht zu der Vermutung, der Gesetz- 
geber habe den Staaten, soweit sie noch eine ständische Ver- 
fassung besassen, die Einführung einer Verfassung im kon- 
stitutionellen Sinne zur Pflicht machen wollen. Dass eine 
entsprechende Absicht nicht bestanden hat, lässt der Umstand 
erkennen, dass an Mecklenburg die Aufforderung, eine kon- 
stitutionelle Verfassung einzuführen, seitens des Reiches niemals 
ergangen ist. | 
Die Begründung der letzterwähnten Petition stützt sich 
vornehmlich auf Art. XII der Bundesakte. Zu Unrecht! Wie 
sehr man es bedauern mag: es fehlt dem Reiche eine gesetz- 
liche Handhabe, die Einzelstaaten zur Einführung einer Ver- 
fassung bzw. zur Einführung einer konstitutionellen Verfassung 
  
e, Vgl. dazu die obigen Ausführungen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.