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auch berechtigt sein, in anderer Weise eine Beendigung des
Streites herbeizuführen. „So wird der Bundesrat sehr passend
mit Sühneversuchen zu betrauen sein.”"!) Er kann, wiederum
stets im Wege der Reichsgesetzgebung, also mit Zustimmung
des Reichstages, die Entscheidung des Streites einem Gerichts-
hofe übertragen, wie er auch zur Bildung eines Gerichtes
für den konkreten Fall befugt ist. Dieses Gericht entscheidet
dann nicht aus eigener Zuständigkeit. Es ist deshalb die
Frage, ob die von ihm erlassene Entscheidung ipso iure
wirkt, oder ob sie der Bestätigung durch den Bundesrat und
Reichstag als der verfassungsmässig zur Entscheidung allein
kompetenten Organe bedarf. Ich halte diese Bestätigung
nicht für erforderlich... Wenn die kompetente Behörde die
Entscheidung einem anderen Organ überträgt, so überträgt
sie damit auch die von vornherein ihr zustehende Befugnis,
in unmittelbar rechtsverbindlicher Weise zu entscheiden; sie
erteilt damit nicht etwa nur die Befugnis zur Erstattung eines
Gutachtens. Einen, dem vorliegenden in jeder Beziehung
analogen Fall enthält die Prozessordnung. Der 8 75 des
Gerichts-Verfassungsgesetzes überträgt den Strafkammern die
Befugnis, gewisse, zu ihrer Zuständigkeit gehörende Delikte
auf Antrag der Staatsanwaltschaft den Schöffengerichten zur
Entscheidung zu überweisen. Die Schöffengerichte erstatten
in diesem Falle nicht etwa ein sachverständiges Gutachten,
ihre Entscheidungen haben unmittelbar rechtswirkende Kraft.
Ebenso verzichten Bundesrat und Reichstag, wenn sie die
Entscheidung der Sache einem Gerichte überweisen auf die
eventuelle Geltendmachung des eigenen Urteils. Der Zweck
der Ueberweisung würde verfehlt sein, wenn, nachdem sie
erfolgt ist und nachdem die beauftragte Instanz entschieden
hat, die ursprünglich zuständige Behörde nun noch einmal
verhandeln und über die Richtigkeit der getroffenen Ent-
scheidung befinden müsste, eventuell sogar, falls diese etwa
nicht nach ihrem Sinne ausgefallen sein sollte, eine andere
Behörde beauftragen, oder nun gar selbst entscheiden könnte.
1) v. Martitz, Betrachtungen S. 36.