Full text: Die Zuständigkeit des deutschen Bundesrates für Erledigung von Verfassungs- und Thronfolgestreitigkeiten.

—_ 47 — 
bindende Kraft und rechtliche Bedeutung erlange, dass der 
Bundesrat es bestätige“, kann ich danach aus praktischen und 
rechtlichen Gründen nicht beipflichten. Einer Bestätigung 
bedarf es nach obigen Ausführungen vielmehr nur dann, 
wenn der Bundesrat sich diese ausdrücklich vorbehalten hat. 
Tatsächlich ist eine Bestätigung des ergangenen Schiedsspruches 
durch den Bundesrat niemals erfolgt. Sie braucht nicht zu 
erfolgen, weil die vom Schiedsrichter im Auftrage des Bundes- 
rates gefällte Entscheidung die Entscheidung des Bundesrates 
selbst ist.) Damit stimmt überein die Bestimmung der 
deutschen Bundesakte im Art. XI Abs. 4, nach der die streitenden 
Teile sich der Entscheidung der Austrägalinstanz sofort zu 
unterwerfen hatten. 
Es bleibt zu prüfen, ob der Bundesrat auf Grund der 
Bestimmung des Art76 Abs. 2 R.V. berechtigt ist, eine Ent- 
scheidung des Streites durch eigenen Richterspruch herbei- 
zuführen — hier, wie oben mit Zustimmung des Reichstages. 
Die deutsche Bundesverfassung gab nach dieser Richtung hin 
bindende Vorschriften. Nach ihr stand den Parteien das 
Recht zu, zu verlangen, dass der Streit einer Austrägal- 
instanz überwiesen wurde. Die Bundesversammlung sollte, 
falls der Versuch der Vermittelung fehlschlug, und demnach 
eine richterliche Entscheidung notwendig wurde, diese „durch 
eine wohlgeordnete Austrägalinstanz bewirken“. Daraus ist 
durch argumentum e contrario zu folgern, dass der Bundes- 
versammlung das Recht der Selbstentscheidung nicht zustand. 
Die erwähnte Bestimmung der Reichsverfassung drückt 
sich nicht in der Weise deutlich aus. Tatsächlich wird auch 
dem Bundesrate das Recht der eigenen Urfteilsfällung be- 
stritten. So meint v. Seydel:5) „man habe nur an gütlichen 
Ausgleich oder an Ueberweisung gedacht“. Auch v. Rönne®) 
und Arndt?) stellen das Recht des Bundesrates, in der Sache 
  
4) Vgl. v.Seydel, Kommentar S. 406. 
6) v.Seydel, Kommentar S.405; auch im Jahrbuch für Gesetzgebung, 
Verwaltung und Volkswirtschaft. 1879. S. 17. 
6) v. Rönne, Staatsrecht Bd.I S. 218f. 
?) Arndt, Kommentar S. 287.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.