Full text: Die Zuständigkeit des deutschen Bundesrates für Erledigung von Verfassungs- und Thronfolgestreitigkeiten.

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Interesse oder als Vertreter seines Staates im Streite auf? Ich 
denke, die Antwort auf diese Frage kann nicht zweifelhaft 
sein. Der Fürst von Schaumburg-Lippe handelt nicht in seiner 
Eigenschaft als Staatsoberhaupt des Fürstentums Schaumburg- 
Lippe, sondern als Haupt der Lippeschen Nebenlinie Lippe- 
Alverdissen, und zwar lediglich und ausschliesslich in dieser 
persönlichen Eigenschaft. Es geht das daraus unzweideutig 
hervor, dass, falls er mit seinem Anspruche durchdringen, 
also auch Staatsoberhaupt von Lippe-Detmold werden sollte, 
dadurch das Fürstentum Schaumburg-Lippe als Staat nicht im 
geringsten berührt werden würde. Es würde dann lediglich 
eine Personalunion zwischen Lippe und Schaumburg-Lippe 
eintreten, ohne dass in der Regierung des letztgenannten 
Staates eine Aenderung einträtee Wohl ist der Staat Lippe 
als Staat am Streite beteiligt, da sein Thron das Objekt des 
Streites bildet;?) keinesfalls aber der Staat Schaumburg-Lippe. 
Dass ein Streit zwischen verschiedenen Bundesstaaten 
hier nicht vorliegen kann, beweist ausserdem der Umstand, 
dass ja, wie der Fürst von Schaumburg-Lippe, so auch der 
Graf Erich zur Lippe-Weissenfeld als Haupt der Nebenlinie 
Lippe-Weissenfeld in dem Streite als Partei auftreten könnte. 
Wo wäre in diesem Falle der zweite Bundesstaat, da doch 
die Linie Lippe-Weissenfeld eine regierende Linie nicht ist?!) 
„Der Herrscher eines deutschen Bundesstaates, der An- 
sprüche auf die Thronfolge in einem anderen Staate erhebt, 
tut dies nicht als Repräsentant eines Staates, sondern als Glied 
der in dem Staat, um dessen Thron es sich handelt, herr- 
schenden Familie, oder auf Grund eines sonstigen staatsrecht- 
  
8) Vgl. dazu Binding, Bundesrat und Staatsgerichtshof (Deutsche 
Juristen-Zeitung“ IV S. 73). 
*%) Neuerdings wird vom Bundesrate diesem Gesichtspunkte entschei- 
dende Bedeutung zugelegt. Im Schiedsvertrage vom 5./8. November 1904, in 
dem die Frage der Erbfolgefähigkeit der Linie Lippe-Biesterfeld dem Reichs- 
gerichte zur Entscheidung überwiesen wird, finden sich als Vertragsparteien 
nur Schaumburg-Lippe und Lippe-Biesterfeld erwähnt. Der Linie Lippe- 
Biesterfeld-Weissenfeld musste aus obigen Erwägungen die Parteifähigkeit 
in einem als „zwischen verschiedenen Bundesstaaten“ schwebend bezeichneten 
Streite aberkannt werden.
	        
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