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lichen Titels, der lediglich in dem Rechte der letzteren seine
Begründung findet.“ 5)
Auch die Entstehungsgeschichte des Art. 76 R.V. weist auf
eine Interpretation in der bezeichneten Richtung hin, dass
nämlich Thronfolgestreitigkeiten als Streitigkeiten zwischen
verschiedenen Bundesstaaten nicht gelten können. Zachariae®)
sagt bei der entsprechenden Bestimmung der Deutschen
Bundesakte erklärend: „Auch kann bei einer Streitigkeit
zwischen Mitgliedern einer regierenden Familie über Familien-
und Hausangelegenheiten, z. B. über die Thronfolge, Regierungs-
fähigkeit, Regentschaft, oder die Gültigkeit einer Verfassung
die Kompetenz der Bundesversammlung für Ausübung eines
Richteramtes nicht für begründet betrachtet werden, sollte
auch einer der streitenden Interessenten zugleich souveräner
Fürst eines anderen Bundesstaates sein.“ Dieselbe Auffassung
leuchtet hervor aus den Worten, welche der Abgeordnete
Zachariae im konstituierenden Reichstage von 1867 bei Ge-
legenheit der Begründung seines oben erwähnten Antrages
auf Einrichtung eines Staatsgerichtshofes sprach. Er erklärte
damals, „es seien in Beziehung auf die Gegenstände, welche
hier in Frage kommen können, in dem Art. 70 die erheb-
lichsten Lücken bemerkbar, es sei insbesondere auf die mög-
lichen Thronfolge-, Regentschafts- und Regierungsfähigkeits-
streitigkeiten durchaus gar nichts gesagt“.”) Ueber Streitig-
keiten zwischen verschiedenen Bundesstaaten war etwas gesagt.
Es folgt also, dass Zachariae diese von den Thronstreitigkeiten
geschieden wissen wollte.
Nach alledem ist der Schluss gerechtfertigt, dass Thron-
folgestreitigkeiten im allgemeinen — und der Lippesche Thron-
folgestreit im speziellen — Streitigkeiten zwischen verschie-
denen Bundesstaaten im Sinne des Art. 76 Abs. 1 R.V. nicht
sind. Es folgt daraus, dass im Lippeschen Thronfolgestreit
6) Meyer, Staatsrecht S. 713, Anm. 9; vgl. auch Haenel, Staatsrecht I
S. 573. \
6) Zachariae, Deutsches Staats- und Bundesrecht Bd. II S. 733.
?) Bezold, Materialien Bd. II S. 598.