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Bevollmächtigten zurückweisen kann, wenn nach seiner Ueber-
zeugung keiner der Prätendenten, von denen sie entsandt
sind, einen begründeten Anspruch auf den Thron hat; dass
er andererseits aber auch den Bevollmächtigten desjenigen
Prätendenten, dessen Anspruch auf die Thronfolge er für
begründet hält, zur „Stimmführung im Bundesrate« zu-
lassen kann.
Gegen die Auffassung dagegen, wie sie in den früheren
Auflagen bei Laband zum Ausdruck kam und wie sie noch
heute Arndt vertritt — vgl. obiges Zitat — dass nämlich der
Bundesrat auf Grund seines Legitimationsprüfungsrechtes be-
fugt sei, eine Entscheidung über den Thronstreit zu treffen,
wendet sich mit Recht v.Seydel. In seinem Kommentar‘)
zur Reichsverfassung führt er zunächst aus „die Entscheidung
eines Thronstreites auf dem Wege der Legitimationsprüfung
erscheine ihm geradezu unmöglich, da würde causa minor
majorem trahere und weist dann durch treffende Analogien
aus dem Gebiete des öffentlichen Rechtes die Unhaltbarkeit
jener Auffassung nach. Diesen Ausführungen Seydels stimme
ich überall bei, — ungeachtet der Einwendungen Kekules,?)
die ich als begründet nicht anerkennen kann —, habe ihnen
aber noch einiges hinzuzufügen.
Ausser den von Seydel hervorgehobenen kann auch der Fall
eintreten, dass von den in einem Thronfolgestreit auftretenden
Prätendenten keiner einen Bevollmächtigten in den Bundesrat
entsendet. Hier würde der Bundesrat keine Gelegenheit haben,
seiner Ansicht über die Berechtigung der einzelnen Präten-
denten Ausdruck zu verleihen, da die Frage der Legitimations-
prüfung nicht an ihn herantreten würde. Eine Entscheidung
des Thronfolgestreites würde hier also schon aus formellen
Gründen unmöglich sein. Im wesentlichen derselbe Fall würde
eintreten, wenn der zurückgewiesene Prätendent sich im Be-
sitze des Thrones behauptet, ein anderer Prätendent aber nicht
4) 5.409.
5) Kekule, Erörterungen über den gegenwärtigen Stand der Lippeschen
Thronfolgefrage (Archiv für Oeff. R. Bd. XIV S.8).