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Verträge in Antitbese. Dies war hinsichtlich der Verfassung
Bismarcks der Fall und trifft heute für die Weimarer Reichsver-
fassung zu. In Anerkennung dieser Tatsache erfährt der Begriff
der auswärtigen Gewalt des Deutschen Reiches seine besondere
Gliederung.
Daß aber das Reich auch heute zu Staatsverträgen jedes
Inhalts und ohne Rücksicht auf das Zutreffen einer Spezialklausel
der Verfassung berechtigt ist und nur das entgegenstehende Recht
der Einzelstaaten auf Wahrung ihrer inneren Kompetenzen ihm
Grenzen setzt, — dieser Schluß wird durch einen Vergleich der
Weimarer mit der Verfassung Bismarcks hinsiehtlich des Ver-
hältnisses des Gesamtstaates zu den Ländern auf dem Gebiete der
auswärtigen Angelegenheiten verstärkt. Denn die Weimarer
Verfassung ist wie grundsätzlich so auch auf dem Gebiete der
auswärtigen Angelegenheiten bewußt unitarischer, als es
Bismarcks Verfassung war. Neben der Abschaffung des einzel-
staatlichen Gesandtschaftsrechtes ergibt dies u. a. ein Vergleich
des Artikels 6 der Weimarer mit Artikel 4 der Bismarckschen
Verfassung. Letzterer enthält keinen generellen Vermerk über
ein Gesetzgebungsrecht des Reiches über die Beziehungen zum
Auslande. Artikel 6 Nr. 1 der Weimarer Verfassung hingegen
weist die „Beziehungen zum Auslande“ dem Reiche generell’ zu
ausschließlicher gesetzlicher Regelung zu wie Artikel 78
Abs. 1 die „Beziehungen zu den auswärtigen Staaten“ zu aus-
schließlicher Pflege. Drei weitere Punkte mögen sogleich be-
sprochen werden. Ohne besondere Gründe wird darum nicht an-
genommen werden dürfen, daß dem Reiche nach dem neuen Rechte
Kompetenzen nicht zustehen, die es nach dem älteren Rechte be-
sessen hat. Der stärkere unitarische Zug verbietet es. In der
Richtung desselben aber liegt es auch, wenn Artikel 78 Abs. 2
die Gültigkeit von Länderverträgen ausdrücklich
an die Zustimmung des Reiches bindet. Zwar war
es auch nach dem früheren Rechte nicht zulässig, daß die