96 III. 2. Die letzten Reformen Hardenberg's.
rung war von vornherein entschlossen diese erprobte Hauptmünze, auf
Grund des Vierzehn-Thalerfußes, beizubehalten; schwerer war die Ent—
scheidung über die Stückelung des Thalers, da die wissenschaftlichen Vor—
züge des neufranzösischen Decimalsystems in den Kreisen der preußischen
Finanzwelt bereits zahlreiche Fürsprecher fanden. Zuletzt beschloß man
doch, den Thaler in dreißig Silbergroschen zu theilen, weil diese Zahl
den Monatstagen entsprach und der geringe Mann mithin nach seiner
Monatseinnahme sich leicht berechnen konnte, wie viel er an jedem Tage
auszugeben hatte; dieser Staat bedurfte eines sparsamen Volkes, wie er
selber jeden Groschen ängstlich zu Rathe hielt, und in der That hat die
Silbergroschenrechnung den haushälterischen Sinn unter den kleinen
Leuten gefördert. Für den neuen Silbergroschen wurde die Zwölftheilung
des alten Gutengroschens beibehalten, nicht blos wegen der bequemen
Halbirung, Drittelung und Viertelung, sondern vornehmlich weil man die
Armen nicht schädigen durfte, die ihre kleinen Einkäufe zumeist mit Dreiern
bestritten.
Ein folgenreicher, von keinem der Zeitgenossen bemerkter Fehler der
neuen Steuergesetzgebung lag in den Vorschriften über die Gemeinde-
abgaben. Das Communnalsteuerwesen war für Theorie und Praxis jener
Tage noch ein unbekanntes Gebiet, da die Kostspieligkeit der neuen Selbst-
verwaltung erst im Laufe der Jahre bemerkbar wurde. Steins Städte-
ordnung hatte den Communen in Steuersachen fast unbeschränkte Frei-
heit gelassen; nur selten einmal, bei groben Mißgriffen, waren bisher die
Aufsichtsbehörden dazwischengetreten. Jetzt bestimmte das neue Abgabengesetz
(§ 13), daß die Gemeinden mit Zustimmung der Bezirksregierungen Zu-
schläge zur Klassensteuer, sowie zur Mahl= und Schlachtsteuer ausschreiben
dürften, andere Abgaben jedoch nur, wenn sie bereits beständen oder der
König sie ausdrücklich genehmigte. Die Zuschläge zu jenen beiden Haupt-
steuern des Staates wurden also geradezu als Regel vorgeschrieben. Die
Regierungen verweigerten ihre Zustimmung niemals, da sie hofften, daß
die neuen Abgaben sich also am sichersten einbürgern würden. Die
Gemeindebehörden, die großentheils aus Hausherren bestanden, folgten der
Einladung mit dem sicheren Instinkte der Klassenselbstsucht. Denn die
bequemen Zuschläge ersparten ihnen jedes weitere Nachdenken über eine
billige Vertheilung der Communalabgaben und lasteten unverhältniß-
mäßig schwer auf den Miethern und Einliegern; die Grundbesitzer aber,
denen die Communalanstalten unmittelbar den größten Gewinn brachten,
meinten durch die hohe Staatsgrundsteuer bereits genugsam bedrückt zu
sein. Damit begann eine gefährliche Verbildung des Gemeindesteuerwesens:
der Staat verstopfte den Communen ihre natürliche Einnahmequelle, indem
er die Grundsteuer großentheils für sich nahm, und die Magistrate schoben
den schwersten Theil der Communallasten auf die Schultern der Un-
bemittelten, die von den Leistungen der Gemeinden den geringsten Vortheil