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Für die Landwehr zweiten Aufgebots besteht die
gleiche Formation, sie hat jedoch keine besoldeten Stämme. Sie
ist auf die Verpflichtung beschränkt, im Falle eines Krieges die
Garnisonen und Garnisons-Bataillons und bei eintretenden Be-
dürfnissen auch das Heer im Felde zu verstärken. Im Frieden
versammelt sich das zweite Aufgebot nur selten und hauptsächlich
nur zur Berichtigung der Listen.
Wir übergehen den wegen seiner speciellen Bestimmung für
das Innere weniger hieher einschlägigen Landsturm, welcher aus
allen rüstigen Jünglingen vom 17. Jahre anfangend, und aus
allen rüstigen Männern bis zum vollendeten 50. Jahre gebildet
wird.
Aus dieser kurzen Skizze ersehen wir, daß der Linien-Sol-
dat in Preußen vor seinem Uebergange in die Landwehr zwei
und beziehungsweise drei Jahre unter den Fahnen verweilt hat,
und es möchte angemessen sein, zur nähern Würdigung dieser
Bestimmungen aus den im Jahre 1848 in Mannseript gedruck-
ten „Bemerkungen“ zu dem Wehrgesetz-Entwurfe der Pauls-
kirche, deren Verfasser eine in der preußischen Armee hoch-
stehende und allgemein verehrte Persönlichkeit ist,
Folgendes zu entlehnen:
„Wer eine Armee-Verfassung beurtheilen will, fragt ge-
„wöhnlich zuerst nach der Dauer der Dienstzeit und dem Modus
„der Beurlaubung, um zu ermessen, ob:
m1) die Dienstzeit ausreicht, den Rekruten zu einem wirklichen
„Soldaten erziehen zu können, und
„2) in welchem Verhältnisse die Beurlaubung zur Dienstzeit
„steht. .
„Der Grundsatz, auf den es ad 2 ankommt, kann kein
„anderer sein als die Dienstzeit zur Beurlaubung so abzumessen,
„daß das dem Soldaten Gelehrte und Anerzogene sich während
„seiner Beurlaubung nicht zu sehr verwische. Wenn man nun
„die preußischen Heeres-Einrichtungen in's Auge faßt, so wird
„man einräumen müssen, daß hier durch Einführung der Land-
„wehr ein Beurlaubungs-System im kolossalsten Maßstabe ge-