Full text: Betrachtungen über des Freiherrn von Closen Schrift: Die Armee als militärische Bildungsanstalt der Nation mit besonderer Rücksicht auf Bayern

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in Oesterreich und Preussen die Ausgaben für das Heer mehr 
als die Hälfte des Staats-Einkommens, während sie in Sachsen 
und Hannover ein Drittheil desselben beanspruchen. 
Wir sehen daher nirgends eine dringende Nothwendigkeit 
vorwalten, unsere Kriegs-Verfassung zu reformiren, am wenig- 
sten aber sie so vollständig umzuändern als Baron Closen es 
beantragt. Dabei wollen wir jedoch nicht in Abrede stellen, daß 
auch unsere Heeres-Einrichtungen, wie jedes menschliche Werk, nicht 
frei von Mängeln sind, und in manchen Beziehungen ihre fort- 
schreitende Entwicklung und Ausbildung wünschenswerth erscheint. 
Die von Baron Closen dargestellten Uebelstände des Ein- 
steher-Wesens sind längst erkannt, und es ist ihnen auch durch 
manche gute Verfügung entgegen gearbeitet. Allerdings würde 
die Einführung der allgemein und persönlich zu leistenden Wehr- 
pflicht radikale Abhilfe gewähren; allein diese allgemeine Wehr- 
pflicht würde, wenn sie mit eiserner Consequenz durchgeführt wer- 
den sollte, statt zur Rechtsgleichheit offenbar zu einer Ueberlastung 
gewisser Klassen führen, und wie sehr man auch im Prinzipe 
mit derselben einverstanden sein muß, so sehr wird man durch 
die in der Praxis vorkommenden vielfachen Ausnahms-Verhält- 
niße zur Gewährung einer beschränkten Stellvertretung hingeleitet. 
Das Jnstitut der freiwillig Dienenden mit einjähriger Dienst- 
zeit in Preußen ist selbst nichts anderes, als eine offene Aner- 
kennung dieser Ausnahms-Verhältnisse. 
Welche Bedeutung aber das Stellvertretungs-Recht für den 
Erwerb der dürftigeren Klassen und dadurch für die Staats- 
wohlfahrt hat, darüber verweisen wir auf das berühmte Votum 
des ehemaligen Ministers Thiers in der französischen Deputir- 
ten-Kammer im Jahre 1848. 
Wir müssen uns daher für eine Berücksichtigung der er- 
wähnten Ausnahms-Verhältnisse erklären, würden es aber als 
eine Verbesserung des jetzigen Zustandes ansehen, wenn die Stell- 
vertretung gesetzlich beschränkt und zugleich dem Privatübereinkom- 
men dadurch völlig entzogen würde, daß die gesetzlich zu nor- 
mirende Stellvertretungs-Summe zum Besten des Ersatzmannes
	        
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