Full text: Deutsches Kriegszustandsrecht.

969. 113 
zweifelhaft kann aber unter Umständen eine solche in 
Zeiten, wie der gegenwärtigen, schon darin erblickt 
werden, daß jemand mit der Möglichkeit des Westeheng 
eines Verbots rechnen muß (vgl. REG. vom 12. Juli 
1915 1 417/15, Recht 1915 S. 517 Nr. 843) und es 
verabsäumt, sich zu erkundigen, wobei allerdings — und 
unter diesem Gesichtspunkte gewinnt eine Veröffentlichung 
der Anordnungen des Militärbefehlshabers in ortsüb- 
licher Weise, die von der Tendenz getragen ist, die Anord- 
nung, soweit möglich, allen Bewohnern des Gebietes für 
die sie erlassen sind, zugänglich zu machen (vgl. BayObL G. 
vom 2. März 1915, Beibl. JM Bl. 1915 S. 52), besondere 
Bedeutung — eine Nachforschung in Amtsblättern und 
Tageszeitungen nicht unbedingt verlangt werden kann. 
Daß — wie auch sonst — Persönlichkeit und Bildung des 
Angeklagten bei der Beantwortung der Schuldfrage eine 
wichtige Rolle spielen, wird vom RG. vom 12. April 
1915 III 145/15, L3. 1915 S. 622, DJZ. 1915 S. 717, 
Dötr . 1915 S. 399; vom 1. November 1915, BayIMl. 
1915 S. 448; vom 4. November 1915 I 711/15, 
Bay IMBl. 1916 S. 47, zutreffend betont. In vielen 
Fällen wird übrigens eine unterbliebene Erkundigung 
nicht mehr als fahrlässiges Handeln, sondern als vorsätz- 
liches (dC us eventualis) gewertet werden müssen, so 
dann, wenn der Täter zwar Zweifel hinsichtlich des Be- 
stehens eines Verbotes hegt, aber zwischen Auftauchen 
dieser Zweifel und der Erkundigung unbekümmert so 
handelt, als wenn kein Verbot bestände, oder wenn er, 
im unklaren über die Tragweite oder den Inhalt eines 
Verbotes, dieses in einem ihm günstigen Sinn auslegt. — 
Sehr beachtliche Ausführungen finden sich in einem Ur- 
teile des BayObLG. vom 29. April 1915 (JIMl. 1915 
S. 140/41): „Aus der jedermann bekannten Art der 
feindlichen Kriegführung, die auf Aushungerung des 
eutschen Volkes abzielt, erwächst für jeden Staatsbürger 
die Pflicht, nach seinen Kräften und Mitteln zur Durch- 
führung der dadurch notwendig gewordenen und noch not- 
wendig werdenden wirtschaftlichen Maßnahmen mitzu- 
wirken. An die Erfüllung dieser Pflicht muß daher der 
strengste Maßstab angelegt werden. Da das Vergehen 
8 
Strupp, Belagerungsgesetz. 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.