10 A. Ges., betr. die Verfassung des Deutschen Reiches.
ursprünglich und an sich nicht zustehende Recht zur Ver-
hüngune des Ausnahmezustandes, den er als „Bundesfeld-
err“ nur verwirklichen, aber nicht anordnen könnte,
übertrug, hat man eben um dieser praktischen „Kom-
petenzunion“ willen, die machtverleihende Vorschrift in den
XI. Abschnitt eingereiht — vgl. auch ähnlich Seydel in
der Zeitschrift für deutsche Gesetzgebung VII S. 620,
Bücher S. 43, Wilutzki S. 49. Gegenüber dem Wort-
laut z. B. des Art. 65 #., „Das Recht, Festungen inner-
dal des Bundesgebietes anzulegen, steht nur dem Kaiser
, ist es übrigens auch beachtlich, daß Art. 68 lediglich
1 „der Kaiser kann den Kriegszu stand erklären.“
Die Feststellung, daß die Möglichkeit einer Verhängung
des Ausnahmezustands im Hinblick auf ihre polizeiliche
Natur den Einzelstaaten nicht entzogen worden ist, genügte
an sich nicht, ihr Recht als mehr denn als nudum ius er-
cheinen zu lassen. Bestände für sie in der Tat nur ein
echt auf „Requisition“ der in ihrem Gebiete dislozierten
Truppen, so wäre, da diese „Regquisition“ in allen Be-
ziehungen „rg- Gegenteil des Kriegszu tandes ist“ (La-
band IV’ S. 49), eine praktische Durchführung des
Rechtes zur Verhängung des Ausnahmezustandes un-
möglich. Beinahe alle Schriftsteller — anders aber
Bücher, Fleischmann S. 399, Wilutzki S. 56, 57 —
un aber übersehen, daß Art. bs nicht nur von der Be-
ugnis der Bundesfürsten handelt, auch alle anderen
ruppenteile des Reichsheeres, welche in ihren Länder-
gebieten disloziert sind, zu „requirieren“, sondern, und
zwar an erster Stelle, von ihrem Recht spricht, „zu
polizeilichen Zwecken ihre eigenen Truppen zu
verwenden". Damit ist klargestellt, daß, insoweit
als ein polizeilicher Verwendungszweck in Frage
kommt, trotz des durch Art. 63 dem Kaiser zugewiesenen
Oberbefehls über die Kontingente der Einzelstaaten, eine
Kommandogewalt mit Befehlsrecht der Bundesfürsten von
der Reichsverfassung anerkannt ist; a. A. Nicolai S. 57.
Praktisch reicht dies freilich nur soweit — pgl. unter 1—
als der einzelne Staat nicht durch eine Militärkonvention
seine Kontingentsherrlichkeit aufgegeben hat.
2. Im Einklang mit der hier vorgetragenen Auf-
fassung, daß trotz Art. 68 das Recht der Einzelstaaten zur