Reichskriegswesen. 23
neinung führt die Erwägung, daß Art. 68 nich hin-
chtlich des Subiekts, sondern nur der Voraus-
etzungen, Verkündigungsformen und Wirkungen des Aus-
nahmezustandes auf das preußische Gesetz von 1851 ver-
weist, also als Berechtigten zur Verhängung des Reichs-
kriegszustandes nur den Kaiser aufgefaßt wissen will.
Erwägt man, daß die Verhängung des Ausnahmezustandes
„wohl den schärfsten Eingriff der Zentralgewalt in die
einzelstaatlichen Kompetenzen bedeutet, der nach der Reichs-
verfassung möglich ist und praktisch eine Mediatisierung
des Einzelstaates darstellt“ (Schücking S. 40), so er-
gibt sich, daß auch nur der Kaiser, und zwar ohne Mit-
wirkung von Reichstag oder Bundesrat (gut Fischer
S. 113; vgl. auch Olshausen S. 20), das Recht aus
Art. 68 in Person ausüben darf (eine Mitwirkung des
Bundesrats hatte ein Amendement v. Erxleben im kon-
stituierenden Norddeutschen Reichstag 1866 verlangt, val.
Bezold, Materialien der deutschen Reichsverfassung, 11.
S. 459). Zudem: wer, wie wir, die Möglichkeit eines
— eventuell provisorischen — landesrechtlichen Kriegs-
zustandes bejaht, kommt überhaupt nicht zur Annahme
einer schwierigen Lage, wie sie Arndt konstruiert. (Val.
auch oben III#e.) Im Ergebnis übereinstimmend
insbesondere Giese S. 113. Haldy S. 55, Hänel
S. 444, Laband IV S. 44, Löning S. 293,
Olshausen, Goltd. Arch. 1914, S. 495, Seydel
S. 379, Schwart S. 341, Wilutzki S. 64, zum
Teil abweichen Fleischmann S. 398 (und die
Praxis: Kaiserliche Instruktion vom 22. Juli 1870 für
die Generalgouvernements). — Daß durch Keiserliche
Verordnung vom 1. August 1914 (Rl. S. 376) die
Befugnis zur Verhängung des Ausnahmezustandes in den
Schutzgebieten dem Gouverneur delegiert ist, bildet
selbstverständlich keinen Einwand, da Art. 68 NV. nur
für das „Bundesgebiet“, nicht aber für die Schutzgebiete
gilt, die (völkerrechtlich zwar In-), staats-
rechtlich (aber) Ausland sind. ç
VI. Wann kann der Kaeiser den Reichskriegszustand
erklären? ** Z„ Z„ 42
a) Art. 68 sagt: „Wenn die 5 antliche Sicherheit im
Bundesgebiete bedroht ist.“ Diese Norm darf jedoch nicht