78 B. Gesetz über den Belagerungszustand.
irgendwie geartetes Enteignungsrecht der beschlagnahmenden
Militärbefehlshaber in sich, vielmehr ist die Beschlagnahme,
wie, mangels besonderer gesetzlicher Vorschrift, stets,
lediglich „durch staatlichen Befehl im Einzelfall ange-
ordnete Ingewaltnahme bestimmter Sachen — so treffend
Mittermaier in Stengel-Fleischmanns Wörterbuch 1
S. 424 —, also Besitz-, nicht Eigentumsübertragung. An den
Eigentumsverhältnissen kann hingegen durch eine Beschlag-
nahme nichts geändert werden, sofern nicht die Beschlag-
nahme im Hinblick auf eine andere gesetzliche Vorschrift
(3. B. wegen des Inhalts der Postsendung) zu Konfiskation
führen darf. — Gegen Einschränkungen des Postgeheim-
nisses, das sich in anderer Weise als in der Beschlagnahme
(die er auch hier zuläßt), in der Verweigerung der An-
nahme verschlossener Briefe mit eventueller Rückgabe an den
Absender oder Behandlung als unbestellbar, äußert, Galli
in LZ. 1915 S. 1198 ff. Umgelehrt gelangt Scholz
S. 28 ohne Begründung zur Bejahung der Zulässigkeit
einer Aufhebung des Post= und Telegraphengeheimnisses,
aber, was sicher unzutreffend ist, auf Grund des § 4 B3ZG.
77) Mutatis mutandis darf wegen der sonstigen
völligen Gleichsetzung von Telegraphen und Telephon im
Recht (darüber besonders Scholz S. 199) auch eine Auf-
hebung des Telephongeheimnisses in dem Sinne als zu-
lässig erachtet werden, daß die mit dem Telephondienst be-
trauten Beamten dem Militärbefehlshaber den Inhalt ge-
führter Telephongespräche, die Tatsache einer statt-
gefundenen telephonischen Unterhaltung, die Bezeichnung
der telephonisch verbundenen Anschlüsse, die Namen der
verbundenen Personen mitzuteilen haben. Auch eine über-
wachung der Gespräche durch Militärpersonen, eine Ent-
ziehung der Verbindung, die Unzulässigkeitserklärung eines
Gesprächs („Aushängen'“) können in Frage kommen.
6) Wie zu Art. 5, so sind auch zu Art. 6 die Vor-
behalte zugunsten der diplomatischen Vertreter und Konsuln.
zu machen. Genau in dem gleichen Umfange wie sonst in
Friedenszeiten auf Grund ihrer völkerrechtlichen, sei es auf
Staatsvertrag, sei es auf Gewohnheit beruhender Vor-
rechte sind diese auch unter der Herrschaft des Beschlag-
nahmezustands als immun anzusehen.